In jedem ihrer Produkte steckt eine Geschichte – das und noch mehr verbindet Jon Cooper und Rik Lusing, die in diesem Spätsommer ihre Bar unweit des Risenthaler Platzes in Mitte eröffneten. Und die hat viel zu bieten für alle, die Handgemachtes und Hochwertiges schätzen.
Diese Werte stehen für eine neue Trinkkultur, die nicht nur die Bierherstellung ihren Wurzeln nähergebracht hat, sondern nun auch Spirituosen zu einer ganz besonderen Wiederentdeckung verhilft. Vom Kräuterlikör mit 43 Zutaten bis hin zum siebenfach destillierten Gin setzt die schnellwachsende Craft-Spirit- Szene zahlreiche edle Tropfen völlig neu in Szene und verleiht Klassikern wie Newcomern unter den Bränden einen frischen, innovativen Auftritt. Kleine Manufakturen, Brennereikollektive und Pioniere beleben so nicht nur die Produktvielfalt, sondern bewahren auch ein Handwerk, das in Deutschland eine lange Tradition hat. Schließlich bedarf die Herstellung von hochprozentigen Spirituosen bis heute einiger Kunstfertigkeit und Erfahrung – nicht umsonst setzten sich viele etablierte „geistige Getränke“ wie der aus Apfelsaft vergorene Calvados, der als „brennendes Wasser“ titulierte französische Armagnac oder der Genever, als Vorreiter des heutigen Gins, erst ab dem 16. Jahrhundert durch und damit ein halbes Jahrtausend später als das Bier.
Wie spannend das Handwerk von Whisky, Wodka, Gin, Obstbrand, Likör & Co. sein kann, wissen auch Jon Cooper und Rik Lusing zu schätzen, die ihrer Leidenschaft für ausgefallene Craft-Spirituosen und kleine, anspruchsvolle Manufakturen ihre Bar in Mitte widmen: die Beavis Bar. Von A wie Absinth bis Z wie Zwetschgenbrand – insgesamt gut 500 verschiedene Sorten von 150 Herstellern, die den beiden Geschäftsführern oft persönlich bekannt sind, warten hier auf Genießer, Entdecker und Nachtschwärmer. „Wir wollen unsere Auswahl Stück für Stück erweitern. Dazu reisen wir viel und entdecken dabei immer wieder Neues“, verrät der aus Arizona (USA) stammende Cooper mit italienischem Pass. „Auf kleinen lokalen und regionalen Messen und Tastings, aber auch durch Empfehlungen vor Ort finden wir regelmäßig Produkte, die uns mit ihrer Qualität begeistern.“ Mit Herkunftsländern von Griechenland bis Japan kommen so unter anderem über 50 Sorten Gin, 20 Sorten Genever, mehr als 30 verschiedene Calvados oder 35 Grappa aus verschiedensten Brennereien zusammen, die alle eines gemeinsam haben: ihre hochwertige Craft-Herstellung ohne künstliche Zusätze. Selbst bei den Softdrinks wird auf die üblichen industriell produzierenden Marktriesen verzichtet, um konsequent kleine Manufakturen zu fördern. Herausgekommen ist eine umfangreiche Getränkekarte, die in Berlin wohl ihresgleichen sucht. „Mit über 80 Seiten ist unsere Karte etwas für echte Liebhaber und Entdecker. Für den besseren Überblick erhalten unsere Gäste auch eine kleine Einführungskarte mit unseren aktuellen Empfehlungen und den beliebten Flights, die eine kleine Verkostung ermöglichen“, erklärt Mitinhaber Rik Lusing, der bereits gastronomische Stationen in den Niederlanden und Frankreich absolviert hat.
Abgeschlossen ist die Sammlung noch lange nicht, schließlich haben die beiden ehemaligen Gasthausbetreiber aus dem beschaulichen Étretat in der Normandie mit der Bar auch ihre Leidenschaft für Spirituosen zum Beruf gemacht. „Hinter jedem Produkt steckt eine Geschichte“, erklärt der Wahlberliner Cooper. „Viele Betriebe werden teilweise schon seit Generationen geführt, andere sind Quereinsteiger – im Mittelpunkt steht aber immer die Herstellung mit natürlichen Zutaten und der bewusste Genuss.“ Diese Geschichten, so der Anspruch der Betreiber, können sie ihren Gästen erzählen. Zu jeder der bislang über 500 Spirituosen.
Cocktails sucht man in der Beavis Bar übrigens vergeblich. „Wir sind keine Mixologen, wir stellen die Produkte, die teilweise nur in kleiner Stückzahl oder nur in einer Region existieren, mit ihrem ganz eigenen Geschmack in den Vordergrund“, erzählt Rik. Einzige Ausnahme von den ansonsten pur servierten Bränden und Likören sind die als „Stirred Drinks“ ausgewiesenen Longdrinks mit Rum und Whiskey oder individuell gestaltbare Kompositionen rund um handverlesene Tonic Sirups, wie der Jack Rudy Tonic Sirup aus South Carolina. Ganz nach dem Motto „Build Your Own“ erhalten neben ausgewählten Gin-Varianten auch Quitten- oder Zwetschgenbrände mit den handgemachten Sirups ein frisches, modernes Auftreten und bilden abgerundet mit Eis und Mineralwasser die perfekte Alternative zu gängigen Cocktails. Wer angesichts der großen Auswahl schon einmal eine Erfrischung sucht, greift zum Bier – ebenfalls Craft Bier, hier von der sächsischen Frenzel Bräu. Auch Wein servieren Cooper und Lusing, aber ausschließlich von kleinen Winzern.
Genuss fängt in der Beavis Bar auch beim Barfood mit der Herstellung an: In kleinen Schalen gereichtes, handgemachtes, knuspriges Brot, Kräuteroliven und Kapern sowie regionale Schinken-Knacker direkt vom Metzger, edle Bauernhof-Salami aus Wild oder Rindfleisch in Walnuss- Rosinen, Bio-Gewürzen und -Kräutern oder Knoblauch-Varianten runden den Spirituosen-Genuss perfekt ab.
Sogar bei der Einrichtung legen die beiden Spirituosen-Enthusiasten Wert auf Handwerk und entschieden sich bei der Möblierung der 24 Innen- und 10 Terrassenplätze für hochwertige Materialien aus einem regionalen Betrieb. Das Beleuchtungskonzept der 3,5 Meter hohen und 5 Meter breiten Bar mit zwei beweglichen Leitern entwickelt der gelernte Informatiker Jon Cooper selbst: Geplant ist ein „light-to-pick“-Konzept. Bei jedem Bestellvorgang wird das jeweilige Regal- Karree beleuchtet, in dem die gesuchte Flasche zu finden ist. Und wer den Moment ungeteilt genießen will, der geht in den hinteren Tasting-Raum. Hier lädt eine große Tafel zum Spirituosen-Genuss ein, mit Freunden oder einfach mit einem guten Drink.
von Brigitte Menge