Die eigenen vier Wände sind für die meisten Menschen ein Rückzugsort, der Wärme ausstrahlen soll – so sieht das laut einer Umfrage jeder neunte Deutsche. Wer dabei aber an plüschige Samtsofas, jede Menge Nippes und Deckchen denkt, liegt falsch. Denn wie die Trend weisenden Möbelmessen, darunter die imm cologne, gezeigt haben, orientieren sich die Möbeldesigner eher an den edlen Vorbildern aus den Fifties und Sixties.
Geschwungene Formen und abgerundete Ecken, dabei schlicht und zeitlos elegant – so sieht es aus, das neue Interieur 2015. Man könnte sagen, dass die scharfen Kanten und glatt polierten Oberflächen der Designerstücke der vergangenen Jahre, die als trendy, chic, puristisch modern und ein bisschen als Statussymbol daher kamen, gemildert, sanfter und einladender geworden sind. Linien und Ecken sind zu einer Kombination aus geraden und klaren Formen geworden, gemixt mit weichen Materialien und Farbtönen, die den oft kalten Gegenständen mehr Wärme verleihen. Sowohl Hersteller als auch Premium-Labels hätten erkannt – so die Macher der imm cologne – dass beispielsweise Holz in Verbindung mit zarten Farben und Formen dem Wunsch der Kundschaft nach schlichter Gemütlichkeit entspricht. Da greift man schon eher zu dezenteren, pudrigen Farben und weichen Materialien, wie Wolle, Filz und Strick– kuschlig, flauschig, und kombiniert diese mit edlem, glänzendem Holz, weil es das wieder sehr gefragt ist. Dunkel oder hell – meist schlicht verarbeitet bringt es den natürlichen Charme ins Wohnzimmer. So laden zwar Sofas und Sessel zum „Raufkuscheln“ ein, sind aber nicht mehr so klobig und wuchtig wie noch vor ein paar Jahren, sondern groß und bequem, aber dennoch grazil und dekorativ. – Eigenschaften, die auch für Beistelltischchen und Kommoden gelten.
„German Gemütlichkeit“
Zu diesem Stil passend sind aufeinander abgestimmte Naturtöne, wie braun, beige, taupe, creme oder grau, für Sofas und Tapeten, Teppiche und Gardinen. Dazu werden helle oder dunkle Tische, Schränke und Kommoden aus hochwertigem Holz positioniert – für einen Raum mit vollkommener Harmonie ohne einen störenden Faktor: schlicht, elegant und behaglich. Wem das ein bisschen zu harmonisch ist und der meint, ein durchgehender Stil kann auf die Dauer ganz schön langweilig werden, der muss sich auf einen Stilbruch einlassen. Also warum nicht, mindestens einen Teil im Raum aus der Reihe schießen lassen, beispielsweise ein besonderes Accessoire oder ein Andy-Warhol-Bild an der Wand über den beiden Wohnlandschaften mit dem Stapel großer Kissen. Ein Eyecatcher kann auch ein Flohmarkt-Großvater-Sessel sein, der neben einem Hochglanz-Sideboard steht, oder eine farbige Wand, von ruhig bis dunkel – denn wer sagt, dass Wände immer hell sein müssen, damit sie den Raum nicht kleiner machen?
„Schwarz geht immer“
Black is Back – lange Zeit aus der Wohnung verbannt und durch leuchtendes optimistisches Weiß ersetzt, feiert das Schwarz in den verschiedensten Nuancen sein Comeback. – Egal ob matt oder glänzend wirkt es schick, neutral und edel. Damit setzt es anders farbige Möbel oder Accessoires wirkungsvoll in Szene. Die Interieur Designer kombinieren auch gern schwarz mit weiß in verschiedenen Mustermixen oder im Block-Streifen-Design zu ganzen Wohninseln.
„Neu-gebraucht“
Ganz aktuell sind auch wieder die Klappstühle, Pappmöbel als schmückendes Beiwerk und dekorative Muster, die auf traditionelle Formen treffen. Der letzte Schrei sind „Vintage-Möbel“. In der Mode schon lange angekommen, zieht der „Used-Look“ jetzt auch in die Möbelbranche ein. Nur das hier das „Gebrauchte“ nicht vom Flohmarkt kommt, sondern aus Designer-Möbel-Stores, die ihren Kreationen einen benutzten Touch geben. Das liege daran, dass die Menschen in der heutigen Zeit oft umziehen, weiß Ursula Geismann, Sprecherin des Verbands der deutschen Möbelindustrie. So werden Möbelstücke produziert, die zwar brandneu seien, aber gebraucht aussehen, mit abgekratztem Lack, abgewetzten Stellen und eingearbeiteten Gebrauchsspuren. Auch der gute alte Sekretär kommt wieder, um Laptop & Co. von Sofa und Esstisch zu verbannen, um so das „Büro“ und die Arbeit aus dem häuslichen Leben optisch fernzuhalten.
Die neue Schlichtheit
Weniger ist mehr, der Kern liegt im Detail, auf das Wesentliche konzentrieren – all diese Richtlinien sind natürlich nicht die oft zitierte neue Erfindung des Rades und auch keine neue Devise. Denn schon Mies van der Rohe hatte die Vorstellung von reduzierter Ästhetik. Zurzeit ist dieses Motto aber wieder in aller Munde – nur anders interpretiert, mit einer Prise zeitgenössischer Gemütlichkeit aus warmen, weichen Stoffen und geschmeidigen Formen. Das Hauptanliegen der meisten Menschen ist es aber weiterhin, sich schlicht, aber mit Klasse und Stil einzurichten und sich dabei wohlzufühlen. Der beste Weg dahin ist, sich mit Dingen zu umgeben, die man liebt, die qualitativ sind und in Würde altern, die nicht nur gut aussehen, sondern sich auch gut anfühlen, wie wertvolle, natürliche Materialien.
von Martina Reckermann
www.imm-cologne.de | www.hdm.de
www.jab.de | www.littlegreene.com