Auf ein Wort mit Tobias Assies, Werbeprofi, Berliner Unternehmer und Chef der Humboldt-Box.
Direkt vor der Stadtschloss-Baustelle in Mitte. Der Ort für das Interview mit Tobias Assies könnte nicht besser gewählt sein: Verleger Jürgen H. Blunck und Autor Gerald Backhaus treffen ihn in der Sky-Lounge in der vierten Etage. Das ist die Veranstaltungsebene der Humboldt- Box. Der Blick schweift durch riesige Panoramafenster auf Dom, Lustgarten und Museumsinsel sowie in Richtung Brandenburger Tor. Daran kann man sich kaum sattsehen.
Herr Assies, seit 2016 sind Sie Geschäftsführer der Humboldt-Box Projekt GmbH & Co. KG. 2011 wurde die Box am Schlossplatz gebaut. Wie kamen Sie dazu?
Als die Bundesregierung den Schlossbau beschlossen hatte, wurden dafür 600 Mio. Euro bereitgestellt. Dann gab es die Idee, an dieser Stelle wie damals auf dem Potsdamer Platz eine Info-Box aufzustellen. Dafür war aber kein Geld da. Im Rahmen einer Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft (Public-Private-Partnership) wurde jemand gesucht, der 5 Mio. Euro investiert, um einen Informationsort zu errichten. Dieser sollte sich später über Werbeeinnahmen an der Baustelle refinanzieren. Eine Firma aus Neuss gewann die Ausschreibung und baute die Humboldt- Box.
… die Sie dann 2016 kauften?
Genau. Ich beschäftige mich seit über 20 Jahren mit meiner Firma, der LIMES Vertriebsgesellschaft, mit Riesenposterwerbung. Vieles, das an dieser Baustelle hier theoretisch gehen würde, erlaubt die heutige Rechtslage leider nicht mehr. Im Umkreis von zwei Kilometern von der Humboldt-Box kann man keine großflächige Werbung mehr platzieren.
Woran liegt das?
Weil es die Bauordnung nicht mehr hergibt, weil es eine Linden- Satzung gibt und weil alles rundherum denkmalgeschützt ist. Doch für die Refinanzierungsmöglichkeiten der Humboldt- Box durch Werbung wurde eine Ausnahme genehmigt.
Was waren die spannendsten Orte, an denen Sie Ihre Außenwerbung platzieren konnten?
Wir waren 1999 die ersten, die den neuen Turm der Kaiser- Wilhelm-Gedächtniskirche verpackten, und zwar mit Claudia Schiffer. Am Telefunken-Gebäude am Ernst-Reuter-Platz hatten wir Werbung, und zehn Jahre lang standen wir auf der inzwischen geschlossenen Baulücke am Potsdamer Platz. Das war damals das letzte freie Baugrundstück, das wir mit einer Gebäudesimulation mit integrierter Werbefläche temporär bebauten. Diese Werbefläche sah riesig aus, dabei waren es nur 1.500 Quadratmeter. 2015 verhüllten wir das Europacenter. Und am Charité-Hochhaus bespielten wir eine 4.500-Quadratmeter- Fläche, als es Baustelle war.
Das sind alles exklusive Orte, manche der Riesenposter hat man heute noch vor Augen. Wie sieht es aus mit bewegten Werbebildern, damit haben Sie es wohl nicht so?
Doch, aber bei diesem Thema sind mir die Hände gebunden. Flackernde Lichter wie in New York sind in Berlin leider nicht so angesagt, da gibt es wenig mehr als unsere LED-Werbefläche am Swissôtel am Ku’damm Ecke Joachimstaler Straße.
Neben der Außenwerbung: Was bedeutet Ihnen die Humboldt- Box?
Das ist eine wunderschöne Plattform, besonders für Veranstaltungen aller Art wie Ausstellungen und Partys. Wir haben pro Jahr insgesamt zwischen 80 und 100 Veranstaltungen hier, und in der Humboldt-Box und der Bauakademie zusammen rund 20 Hochzeiten im Jahr.
Zum Hintergrund der Humboldt-Box: Im Zweiten Weltkrieg beschädigt und 1950 gesprengt, soll das Berliner Stadtschloss 2019 wiedereröffnen. Während des Wiederaufbaus füttert die Box alle Interessierten mit Informationen zu Vergangenheit und Zukunft des Schlosses.
Ja, und dabei ist interessant, dass diese Großbaustelle noch gar nicht zu vielen Berlinern durchgedrungen ist. Der Anteil derer, denen sie gar nichts sagt, und derer, die sie nur vom Vorbeifahren kennen, aber noch nie drin waren, ist echt groß.
Und dabei ist es wirklich spannend, was man in den unteren drei Etagen alles erfährt.
Das Konzept sah vor, dem privaten Förderverein des Schlosses, der 120 Millionen Euro für die Fassadengestaltung einwerben möchte, die erste Etage zur Verfügung zu stellen. Dort geht es vor allem um Kunsthistorisches, also darum, wie das Schloss und seine Umgebung früher aussahen und wie das wieder aufgebaute Schloss aussehen wird. Der Eintritt ist für alle Besucher frei.
Und in der zweiten und dritten Etage?
Hier präsentieren die künftigen Nutzer, das Humboldt Forum, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Stadtmuseum und Humboldt- Universität, was sie später im Schloss vorhaben.
Wie lang gibt es die Humboldt-Box noch?
Ich muss spätestens am 30. Juni 2019 mit dem Abbau beginnen.
Themenwechsel. Seit 2015 engagieren Sie sich mit der get venture GmbH als Partner bei der Unternehmensnachfolge. Da in vielen Firmen eine Nachfolge ansteht, sich Unternehmer aber oftmals schwer damit tun, ist das sicher ein wichtiges Thema, oder?
Das mache ich zusammen mit meinen beiden Steuerberatern. Der Bedarf ist so riesig, dass die IHK sogar eine eigene Abteilung eingerichtet hat, die sich speziell um das Thema Unternehmensnachfolge kümmert. Loszulassen fällt vielen Chefs wahnsinnig schwer. Wir schauen nach gesunden Unternehmen, um sie zu kaufen und weiterzubetreiben.
Das Deutsche Spionagemuseum am Leipziger Platz beschäftigt sich mit dem Schattenreich der Agenten und Spitzel. 2016 übernahmen Sie es zusammen mit Robert Rückel, dem früheren Direktor des DDR-Museums, und Franz-Michael Günther. Wie kam es dazu?
Vor fünf Jahren wurde ich gefragt, ob ich mich bei der Erschaffung dieses Museums beteiligen wollte. Daraus wurde dann nichts, aber ich verfolgte genau, wie andere es aufbauten und eröffneten. Es ging dann leider pleite und ich war in der Nähe, als der Insolvenzverwalter es in der Hand hatte. Heute läuft das Museum sehr erfolgreich. Robert Rückel ist der Macher und Franz-Michael Günther der Kurator. Wir bespielen insgesamt 3.000 Quadratmeter, und es gibt eine James-Bond-Ecke mit Original-Devotionalien. Wir kooperieren auch mit dem BND. 2017 waren wir das besucherstärkste private Museum von Berlin und hatten fast 300.000 Besucher.
Das temporäre Kunstprojekt THE HAUS versetzte 2017 die Nürnberger Straße 68 in Charlottenburg für drei Monate in einen absoluten Ausnahmezustand. Worum ging es dabei?
Das Haus war von einem Projektentwickler gekauft worden, und vor dem Abriss wurde eine Zwischennutzung gesucht. Ich fand mich mit ihm und einer Streetart-Firma zusammen, und wir hatten die Idee, daraus die weltweit größte Urban-Art-Ausstellung zu machen. Künstler aus aller Welt konnten sich dort ohne Rücksichten ausleben. Mein Anteil war es, alle Nebenkosten der Ausstellungszeit zu bestreiten, was wir durch eine Außenwerbung an der Fassade refinanzieren konnten. Das Ding ist abgeflogen wie eine Rakete! Danach wollten alle eine Wohnung in THE HAUS kaufen.
Was steht als nächstes spannendes Projekt bei Ihnen an?
Im Frühsommer 2018 starten wir ein Mural Art Festival. Nach der erfolgreichen Umsetzung von THE HAUS gehen wir wieder auf die Straße und starten die größte Open Air Galerie in Berlin. Dazu sind Sie herzlich eingeladen!
Werbeprofi Tobias Assies
Riesenposter und LED-Videoscreens gehören zu seinem Kerngeschäft. Der gebürtige Berliner (Jahrgang 1972) ist für eine imposante Palette von Firmen im Bereich der Außenwerbung tätig: seit 1994 als geschäftsführender Gesellschafter der Limes Vertriebsgesellschaft und seit 2003 als alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der BMA Vertriebsgesellschaft. „Hilf Berlin, anders zu bleiben!“ – Tobias Assies gründete zusammen mit Alexander Wolf und Karsten Kossatz die Stadt-Werte-Initiative DAS B, die seit 2016 Berliner Werte eindrucksvoll in echte Geschichten umsetzt. Seine Global Sunshine Livecommunication GmbH bietet seit 2010 besondere Berliner Veranstaltungsorte an und vermarktet Top-Locations. Seit 2013 gehört das Deutsche Spionagemuseum zu seinem Portfolio, seit 2016 auch die Humboldt-Box.