„Unser nationales Filmerbe muss dauerhaft gesichert und auch im digitalen Zeitalter sichtbar bleiben. Die Stiftung Deutsche Kinemathek ist als eine der zentralen Einrichtungen zur Bewahrung und Zugänglichmachung des Filmerbes zu stärken.“ So steht es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung.
Um die 2.300 Wochenschauen stehen bereits im Netz, der Rest wird nach und nach digitalisiert. Rainer Rother, der Leiter der Stiftung Deutsche Kinemathek am Potsdamer Platz, schlägt drei Säulen der Digitalisierung vor, um der drohenden Unsichtbarkeit des Filmerbes zu begegnen:
Erstens Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit, zweitens den konservatorischen Erhalt, denn manche Filme zerbröseln langsam – und drittens: Was sagen die Filmwissenschaftler: Was ist wichtig?
Da sind die Filme von Fassbinder, Wenders, Herzog oder auch von Helmut Käutner, die ihm gleich einfallen.
In einem kleinen Büro bei der Stiftung arbeitet Silke Ronneburg. Sie ist für den Marlene-Dietrich-Nachlass zuständig. Im Archiv stehen Fotoschränke und liegen Foto- Mappen mit sogenannten „Vintage-Prints“ – das sind die Originalabzüge aus der entsprechenden Zeit, manche sind schon etwas verblasst.
Sie überlegt einen Moment, dann fällt ihr ein, welchen Teil des riesigen Nachlasses der Dietrich sie bemerkenswert findet:
Die Kommentare der späten Marlene zu Artikeln über sie – da schreibt sie dann etwas dazu, etwa zu einem Playboy-Artikel über ein Tasseldress: „Oft kopiert, nie erreicht.“
Da ist z. B. auch ihr erster amerikanischer Pass zu sehen – Marlene Dietrich hat 1937 die amerikanische Staatsbürgerschaft beantragt und hat sie im Juni 1939 erhalten.
Mit dem französischen Schauspieler Jean Gabin war Marlene ja in den 1940er- Jahren erotisch verbandelt … ihre Liebesbriefe sind ein Ausdruck dieser Zeit.
In der Tat gibt es auch einen Briefwechsel mit Gabin, wobei bisher die Briefe von ihm an Marlene hier sind, nicht aber ihre Briefe an ihn. Die Veröffentlichung muss noch warten – wegen der Erben.
Silke Ronneburg kann sich aber vorstellen, dass Marlenes Briefwechsel mit Erich Maria Remarque bald online geht. Mit dem deutschen Schriftsteller hatte sie eine platonische Beziehung. Bücher, Textilien und riesige Koffer der Diva sind in Berlin-Marienfelde in einer angemieteten Halle ausgelagert: 18 Grad bei 50 % Luftfeuchtigkeit herrschen dort. Silke Ronneburg geht es wie allen Mitarbeitern der Kinemathek auch um die Vermittlung von Zeitgeschichte. Dazu gehören auch die „Winnetou“- und „Wallace“-Filme aus den 60er-Jahren.
Von den Karl-May- und Wallace-Filmen sind schon viele digitalisiert worden, sie sind genauso Filmgeschichte wie die Werke von Fassbinder und Co. Diese Filme haben heute noch wirtschaftliches Auswertungspotenzial.
Um heute alte Filme betrachten zu können, müssen sie also digitalisiert werden. Die alten Projektoren in den Kinos gibt es kaum noch.
Man sollte es gut machen, 90 Minuten Kinofilm kosten 35.000 Euro, wenn das Ausgangsmaterial intakt ist – es kann aber auch viel teurer werden, wenn erst restauriert werden muss.
Das Bundesarchiv ist für die Wochenschauen zuständig, die stehen schon im Netz und sind kostenlos sichtbar.
2 Mio. Euro pro Jahr gibt es von der Filmförderanstalt, die Kulturbeauftragte des Bundes, Monika Grütters, gibt auch 2 Mio.
Um die rund 80.000 Werke der deutschen Filmgeschichte zu sichern, wäre deutlich mehr Geld vonnöten. Die Filmnation Frankreich etwa lässt sich die Nachlasssicherung ein Vielfaches kosten. Man muss es also hinnehmen, dass in manch anderen Ländern dem Film eine größere Bedeutung beigemessen wird als bei uns.
80.000 Werke der deutschen Filmgeschichte gilt es zu sichern
Jährlich stehen 4 Mio. Euro dafür zur Verfügung
90 Minuten Digitalisierung kosten pro Kinofilm ab 35.000 Euro