Meyenburg – ein Schloss für die Mode

Winter auf Schloss Meyenburg. Das Museum zwischen Berlin und Hamburg zeigt eine der umfangreichsten europäischen Sammlungen von Kleidermode des 20. Jahrhunderts. , Foto: G.-R. Zettel

Die Prignitz im Winter ist nichts für Stubenhocker. Wer aber gut eingemummelt Wind und Kälte nicht scheut, wird mit einem endlos weiten Himmel, fühlbarer Stille und steinernen Zeugen einer langen Geschichte belohnt. Auf halber Strecke zwischen Berlin und Hamburg liegt im Landkreis Prignitz das fast tausendjährige Meyenburg. Seit Jahrhunderten prägt der Wohnsitz des Adelsgeschlechtes derer von Rohr den Ort. Der Herrensitz ging mit seinem zur Schau gestellten Reichtum immer als Schloss durch, erst recht, als die vorhandenen mittelalterlichen Bauten Mitte des 19. Jahrhunderts im Stil der norddeutschen Renaissance umgestaltet wurden. Mehr denn je stand nun ein Schloss in Meyenburg. Das beherbergt heute das heimatkundliche Schlossmuseum, die öffentliche Bibliothek und das Modemuseum – eine der umfangreichsten europäischen Sammlungen von Kleidermode des 20. Jahrhunderts. 

Das Galakleid von Ellen Schwiers, das sie bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes auf dem roten Teppich trug. Das Kleid erhielt das Modemuseum Meyenburg aus dem Nachlass der Schauspielerin durch ihre Tochter Katerina Jacob als Schenkung. , Foto: Modemuseum Meyenburg

Dass Meyenburg dieses Kleinod hat, verdankt es Josefine Edle von Krepl. Die Modedesignerin und Modejournalistin, deren Familie die Wirren des 2. Weltkrieges von Wien nach Fürstenwalde verschlug, nähte sich bereits während ihrer Oberschulzeit Kleidung, die aus der Norm fiel. Das Leben der Journalistin, die in den 1980er Jahren in Berlin-Friedrichshain eine der wenigen privaten Modeboutiquen in der DDR eröffnete, verlief turbulent. Konstant blieb ihre Liebe zur Mode. Schon als ganz junge Frau begann sie, getragene Kleidung des 20. Jahrhunderts zu sammeln. Zu Beginn des neuen Jahrtausends suchte Josefine von Krepl nach einer Möglichkeit, ihre umfangreiche Sammlung dauerhaft zu präsentieren. Im frisch sanierten Schloss Meyenburg fanden die sorgsam aufbereiteten Exponate eine Heimat. Zu den berühmten Stücken gehört ein bezauberndes Galakleid von Ellen Schwiers, dass sie 1959 zur Premiere des Films „Helden“ bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes auf dem Roten Teppich trug. „Es ist eine kulturhistorisch sehr aussagefähige Sammlung, weil sie getragene Kleidung und Accessoires zeigt und damit authentisch den Zeitgeist des 20. Jahrhunderts widerspiegelt“, erklärt Irena Berjas, Geschäftsführerin von Mode- und  Schlossmuseum. Die promovierte Kunsthistorikerin übernahm 2018 das Haus. Da war ihr die Prignitz mit ihrem herben Charme und der ländlichen Idylle durch familiäre Beziehungen längst vertraut. 

Modemuseum Meyenburg, Foto: Brigitte Menge

In der mehrere Tausend Exponate umfassenden Ausstellung von Kleidern, Anzügen, Wäsche, Hüten fühlen sich Besucherinnen und Besucher an alte Familienfotos, die Großmutter, Mama, die eigene Jugend, Gemälde oder Filme erinnert. Es ist ein pures Vergnügen durch die stilvoll eingerichteten Schlossräume zu flanieren und all die Exponate zu begutachten: Die weiße Leinenwäsche vom Beginn des 20. Jahrhunderts, die schweren schwarzen Wollmäntel der Herren von einst, das zeitlos-schöne Spitzen-Brautkleid mit der Schleppe, die frechen Kleider der Charleston-Zeit, die ersten sportlichen kurzen Hosen aus den 1920er Jahren, die schlichten Kleider der 1940er Jahre, die opulenten Brokatroben aus den 1950- und 1960er Jahren und dann die freche bunte Hippiemode. Zu allen Epochen werden die passenden Accessoires wie Hüte, Schals, Schmuck, Taschen und Schuhe, aber auch Einrichtungsgegenstände präsentiert. Zeittafeln helfen den Geschichtskenntnissen auf die Sprünge, Musik versetzt emotional zurück in die Epoche. Und wer noch nie darüber nachgedacht hat, wie sehr Mode, Zeitgeist und gesellschaftliche Entwicklungen verwoben sind, wird spätestens in dem Schlossräumen von Meyenburg dazu inspiriert. Das Meyenburger Museum ist ein sehr lebendiger Ort. Es gibt Sonderausstellungen und Veranstaltungen. Das allmonatliche Krönchen sind die Führungen mit Gründerin Josefine Edle von Krepl. 

Nach dem Rundgang loht auch im Winter ein Rundgang durch den Landschaftspark rund um das Schloss, den einst Lenné-Schüler Finck gestaltete. Baum- und Strauchgruppen, Rondell, Teiche, Brücken und Teilstücke der Stadtmauer lassen an Zeiten denken, in denen die Damen mit Muff und Pelzmütze hier lustwandelten. Und dann zurück ins warme Museums-Café. Die Sammeltassen scheinen direkt aus den Schränken der Großmütter zu kommen. Welche Garderobe sie trug, als sie das Geschirr für die Kaffeetafel bekam, ist nach dem Rundgang eine Kleid gewordene Vorstellung. Unbedingt den leckeren selbstgebackenen Kuchen kosten. Schmeckt wie bei Oma. 

www.modemuseum-schloss-meyenburg.de 
www.schloss-meyenburg.de 

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