Bereits die Menschen in der Antike nutzten geformten und gebrannten Ton, um daraus Gegenstände für den Alltag herzustellen. Und schon damals wurden Krüge, Schalen und Tassen verziert. Kunst im Alltag.
Kugelige Vasen, die eine Krone tragen, deren Form an die pure Weiblichkeit erinnert, oder die hauchdünn gedrehte Scherben zieren … Tassen, bei denen nicht eine der anderen gleicht … Schalen, deren Flächen abstrahierte Naturelemente zeigen, bei denen sich Zart- und Wildheit vereinen … Bemalungen mit Gold oder Platin … Wer sich im Atelier von Beate Bendel am Kreuzberger Legiendamm umsieht, versteht ganz schnell, „dass die Basis aller Kunst das perfekt beherrschte Handwerk ist. Das ist die Wurzel, aus der Phantasie, Abstraktion, Formensprache und vieles mehr erwachsen. Durch spielerisches Experimentieren, Überschreiten von funktionalen Grenzen, absichtsloses und dann wieder bewusstes Gestalten erweitert sich der gestalterische Ausdruck und bekommt eine eigene Ästhetik und Poesie sowie durch Titel eine neue inhaltliche Bestimmung“, so die Keramikerin und Malerin, die scheinbar spielerisch Kunstgenuss und Alltagstauglichkeit vereint. Bestes Beispiel sind ihre Tassen und Teekannen. „Ich prüfe immer die Funktionalität. Eine Teekanne muss gut gießen und handhabbar sein“, so Beate Bendel. Was einfach klingt, ist ein vielfach ausprobierter Prozess, damit nichts tropft, nichts überläuft und man sich die Hände nicht am heißen Gefäß verbrennt. Die Kunst liegt in der Form und Individualität, „denn sich selbst zu wiederholen, wäre mir viel zu langweilig“, bekennt die Künstlerin, die Experimentierlust als ständigen Antrieb ihrer Arbeit verspürt. Mit dieser Lust am Ausprobieren entdeckte sie die Craquelée- Technik, die sie zur Meisterschaft entwickelte. Als Grundlage verwendet die Künstlerin eine eigene Glasurmischung in Erprobung einer speziellen Brennkurve. In Kombination mit teilweiser Bemalung, einer Mehrfarbigkeit oder auch einem malerischen Auftrag von Gold oder Platin – im vierten Brand aufgeschmolzen – erhält die Keramik ihren eigenen Charakter. So entstehen Gefäße, bei denen nie eins dem anderen gleicht, voller Eleganz, Poesie und der Faszination, das Liniengeflecht zu deuten. Liegt ein tieferer Sinn im tönernen Adernetz? Wer weiß … Manche der Stücke offenbaren die Malerin Bendel: Figuren, Tiere, Pflanzen oder Abstraktionen zieren Schalen und Vasen.
Die Malerei war sogar zuerst da, denn schon in ihrer Kindheit liebte sie den Aufenthalt im Atelier ihres Vaters. Bald bekam sie ihren eigenen, kleinen Arbeitsplatz samt Zeichenblock und Pastellstiften. Nach dem Abitur stand zuerst ein Sprach- und Pädagogikstudium auf dem Lebensplan, doch die Liebe zur Keramik siegte und die junge Frau beendete ihre Töpferausbildung in den Werkstätten von Hedwig Bollhagen in Marwitz. Mit der ihr eigenen Beharrlichkeit überwand sie bürokratische Hürden, um dann endlich am 1. Mai 1980 ihre eigene kleine Töpferei in der Frankfurter Allee zu eröffnen. Der Erfolg ließ keinen Tag auf sich warten, „die Leute liebten die Keramik“ mit dem eingebrannten bb-Markenzeichen. Wirtschaftliche Sorgen kannte die junge Künstlerin nicht, dafür aber all die Schwierigkeiten, einen funktionierenden Brennofen, Starkstrom und ausreichend Material zu bekommen. Das änderte sich in den Wendemonaten, als der Kunstmarkt der DDR zusammenbrach. Aufgeben? „Nein. Ich wusste doch, dass die Gebrauchskeramik mein Standbein und die Kunst mein Spielbein ist.“ Beate Bendel arbeitete viel, suchte und fand neue Märkte und reiste in die große, offene Welt. Arbeits- und Studienreisen führten sie u. a. nach Kanada, Marokko, Paris, Kuba und China, wo sie ihre alte Liebe zur Kalligraphie wieder entdeckte. Die hohe Kunst mit dem philosophischen Sinn verarbeitete sie in abstrakten Bildern. Ausstellungen ihrer Werke waren in vielen Weltmetropolen zu sehen. Drei große Bendel-Vasen stehen im Schloss Bellevue. Die Liebhaber ihrer Kunst kommen aus vielen Ländern, selbst in Korea und Japan lieben Menschen ihre Keramik und Bilder. „Die Zeit zum Malen muss ich mir freischaufeln“, berichtet die Berlinerin. „Neue Themen brauchen Zeit zum Reifen. Und ich habe noch so viele Ideen – viel mehr, als ich Leben habe.“