Vier Künstler*innen – vier Positionen zu den großen Problemen der Menschheitsgeschichte und der aktuellen Weltsituation. Ob Richters monumentales Werk über das Nachleben des 2. Weltkrieges, Bo Larsens Auseinandersetzung mit den Goldenen Zwanzigern, Cao Feis Erforschung des Metaverse oder Nasan Turs Fragen nach Macht und Ideologie, der Berliner Kunstsommer wird politisch.
Cao Fei – Duotopia
Sprüth Magers
Seit über zwei Jahrzehnten setzt das Werk der chinesischen Medienkünstlerin Cao Fei neue Maßstäbe, wenn es um die Verbindung von Kunst, Medien, Technologie und Zukunft geht. So auch in der neuen Ausstellung „Duotopia“ in der Galerie Sprüth Magers. Gezeigt werden neue Werke sowie Installationen, die zum ersten Mal außerhalb Chinas zu sehen sind und sich rund um die Erforschung des Metaverse, virtueller Realität und der Wechselwirkung zwischen maschinellem und virtuellem Bewusstsein drehen. Das titelgebende Werk „Duotopia (2022)“ ist Cao Feis erste architektonische Kreation im Metaverse. Auf einem von der Decke hängenden Bildschirm wird das Video zu einer immersiven Erfahrung. Die Besucher*innen erleben auf den Boden liegend und von unten schauend wie Duotopias städtische Konstruktionen im rötlichen Himmel schwebt und dreht. Aber auch die Erfahrungen der Corona-Pandemie fließen in Cao Feis Arbeit ein, dabei bezieht sie sich auf ganz persönliche Erlebnisse ihrer Familie und Freunde, so dokumentiert „Isle of Instability“ (2020) die Zeit der Quarantäne in Singapur während der ersten Monate der Pandemie und „Still Alive“ (2023) ist eine ergreifende Hommage an ihre trauernde Mutter, die den Verlust ihres an COVID-19 erkrankten Mannes verkraften muss.
bis zum 19. August
Bo Larsen – TWENTIES – golden?
Galerie nüüd.berlin
Unter dem Titel „TWENTIES –golden?“ zeigt die Galerie nüüd.berlin die abstrakten Werke des deutsch-dänischen Malers Bo Larsen, der sich mit den zwanziger Jahren diesen und des letzten Jahrhunderts auseinandersetzt. Die Goldenen Zwanziger Jahre stehen für eine Blütezeit der deutschen Kunst, Kultur und Wissenschaft und insbesondere in Berlin für eine offene, liberale Gesellschaft inklusive eines frivolen und zügellosen Nachtlebens. Zuvor hatte der erste Weltkrieg, Pandemien, Hyperinflation und politischen Unruhen das Leben der Menschen erschüttert. Die Parallelen zu heute scheinen frappierend. In seinen neuen Bildern kombiniert Bo Larsen Öl- und Acrylfarben, Blattgold, Schlagmetalle, Eisenpulver und Oxidationsmittel und schafft so Werke mit denen er das glamouröse Lebensgefühl, den Wohlstand und den Erfolg, aber auch den schnellen Auf- und Abstieg, die Oberflächlichkeit und die Vergänglichkeit dieser beiden Dekaden visualisiert.
bis zum 02. September
Nasan Tur – Hunted
Berlinische Galerie
Nasan Turs Werke sollen Ideologien, soziale Normen und Verhaltensmuster sichtbar machen. Im Zentrum steht die Fragen, wie uns vorgegebene Rollenbilder beeinflussen und wann wir bereit sind, angesichts von Unterdrückung, Ohnmacht und Manipulation Grenzen zu überschreiten und gesellschaftliche Muster aktiv zu verändern. Für die Ausstellung in der Berlinischen Galerie sind neue Arbeiten entstanden, die sich mit Fragen der Machtausübung und ihrer Legitimation beschäftigen. Warum tötet der Mensch? Welche Gewalt steckt in uns und wie und unter welchen Umständen wird sie aktiviert? Durch die Anordnung der Werke im Raum schafft Tur Bilder, die eine ambivalente Haltung zum Tod und zum Leben zum Ausdruck bringen. Sie reichen von der Konfrontation mit den eigenen, inneren Dämonen bis hin zur Befragung von Jäger*innen über den Akt des Tötens.
bis zum 01. April 2024
Gerhard Richter – 100 Werke für Berlin
Neue Nationalgalerie
Die Ausstellung „100 Werke für Berlin“ zeigt ab diesem Sommer erstmals die langfristige Leihgabe der Gerhard Richter Kunststiftung an die Neue Nationalgalerie und entstand dabei in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler selbst. Das zentrale Werk ist der aus vier großformatigen, abstrakten Bildern bestehende Zyklus „Birkenau“ (2014). Es ist das Ergebnis einer langen und tiefen Auseinandersetzung Gerhard Richters mit dem Holocaust und dessen Darstellbarkeit. Seit den 1960er-Jahren stellte sich Richter die Frage, inwiefern Kunst nach dem Holocaust und dem Terrorregime des Nationalsozialismus überhaupt noch möglich ist. Daneben sind mehr als 90 weitere Arbeiten des Künstlers aus mehreren Schaffensphasen zu sehen, wie die aus 196 quadratischen Einzeltafeln zusammengesetzten Bilder „4900 Farben“ (2007) oder „Strip“ (2013/16) für das er eines seiner „Abstrakten Bilder“ (1990) mittels eines computergesteuerten Verfahrens in immer kleinere Segmente unterteilte, durch Spiegelung der Achsen in die Länge zog und die Teilstücke neu arrangierte.
bis 2026