Für ihn ist der Kurfürstendamm und der Tauentzien eine Bühne mit Haupt- und Kleindarstellern, einem Chor im Hintergrund und einer schönen Dekoration – alles zusammengenommen ist es ein Theater, das geleitet und choreografiert werden muss. Denn jeder Schauspieler kann noch so gut sein, wenn das Gesamtbild nicht stimmt, gibt es keinen Applaus – etwas, was der neue Vorstandsvorsitzende der AG City Uwe Timm in jedem Fall verhindern möchte und auch bereits die letzten Jahre tut. Das TOP Magazin Berlin sprach mit Uwe Timm über seine neuen und alten Ziele.
Theoretisch ändert sich für Uwe Timm als neuen Vorstandsvorsitzenden nicht viel, denn aktiv an der Weiterentwicklung der City West ist er schon seit 2003 beteiligt. Damals übernahm der Immobilienentwickler mit seiner Firma das Management des Europa Center und war maßgeblich daran beteiligt, dass das in die Jahre gekommene Shoppingcenter wieder an Attraktivität gewann. Er holte für das geschlossene Kino den neuen Großkunden Saturn und etablierte weitere namhafte Händler. Das Center verlor sein „Schmuddelimage“ und war wieder attraktiv für Kunden. „Aber ein Hauptdarsteller allein reicht nicht aus, um die Menschen ‚ins Theater‘ zu locken. Man braucht weitere Akteure, Nebendarsteller und ein großartiges Bühnenbild und Umfeld“, erklärt Uwe Timm. Alle Akteure am Standort wie das Europa Center, das KaDeWe, andere Kaufhäuser, Einzelhändler, Restaurants und Cafés müssen sich engagieren, um für Besucher<em>innen und Kunden</em>innen ein Erlebnis zu schaffen. Nur dann könne sich der Boulevard als Gesamtattraktion präsentieren. Um diese Ideen umzusetzen, suchte Timm Partner, die er in der AG City, damals noch mit dem Namenzusatz West, fand. Seitdem wurde mit dem studierten Juristen, der seit 2010 dem Vorstand angehört, einige Maßnahmen und die Weiterentwicklung des Quartiers auf den Weg gebracht. Nachdem es ein paar Jahre nach der Wende gelungen war, die Friedrichstraße wieder abzuhängen, kehrten viele Luxusmarken zurück in die City West, und es galt die Attraktivität weiter auszubauen. Der Kurfürstendamm habe seine Strahlkraft zurückgewonnen. Mit Blick auf die Zukunft müsse sich Berlins Shopping- und Erlebnis–Boulevard auch nicht neu erfinden, sondern seine Potenziale besser nutzen und weiterentwickeln – so Timm. Dazu gehört und gehören nach wie vor die stimmungsvolle Weihnachtsbeleuchtung, die von Jahr zu Jahr auf der Kippe steht. „Wir hätten gerne mal eine Sicherheit, damit wir nicht jedes Jahr aufs Neue bangen und betteln müssen, dass es realisiert werden kann“, wünscht sich Uwe Timm. Die Finanzierung könnte durch ein BID erfolgen.
Stichwort BID.
In den vergangenen fünf Jahren hat das Business Improvement District durch neue Marketingstrategien das Bild des Erlebnis-Boulevards geschärft. Finanziert wurden die Maßnahmen durch die Eigentümer der Immobilien, deren Geschäfte direkt an den Kurfürstendamm und den Tauentzien grenzen und sich zwischen Wittenbergplatz und Uhlandstraße befinden. Alle profitieren und sehen, wohin ihr Geld fließt. Ein perfektes Instrument, um wichtige Pläne und Maßnahmen zu realisieren. „Der BID Ku’damm/Tauentzien hat in den vergangenen Jahren die Region mit einem geplanten Budget von rund. 8,9 Mio. Euro aufgewertet. Es wurde die Marke BLVD Ku’damm gemeinsam entwickelt, und sichtbar gemacht, mit Logo, Merchandising, einem Song und nicht zuletzt den Shopping Bags – dadurch kann sich auch international jeder etwas darunter vorstellen, wenn er es schon sieht. Dafür wurde beispielsweise ein Teil des Geldes genommen. Zudem wurde die Willkommenskultur erheblich verbessert. Mehrsprachige City Guides, erkennbar an ihrer Kleidung, beantworteten Fragen und gaben Hilfestellung. Zudem sorgte ein neues Pflanz- und Pflegekonzept auf dem Mittelstreifen – saisonal wechselnd – für Wohlfühl-Atmosphäre und lud zum Verweilen ein. Für die entsprechende Sauberkeit haben wir einen Zusatzvertrag mit dem Team der Berliner Stadtreinigung abgeschlossen, damit im Leistungszeitraum von täglich 6 Uhr früh bis 22 Uhr abends eine erhöhte Reinigungsintensität stattfindet“, zählt Uwe Timm begeistert auf. Zudem haben Kunst, Kultur und Feste dazu beigetragen, dass auch neue Zielgruppen den Weg zum Ku’damm und Tauentzien fanden. Leider steht dieses wichtige Instrument der AG City gerade nicht mehr zur Verfügung, da der Zeitraum des BID von fünf Jahren leider im Sommer beendet war. „Obwohl wir immer als AG City auf die Notwendigkeit hingewiesen haben, hat der vorherige Senat das Thema auf die lange Bank geschoben. Es bedarf dringend einer Novellierung der rechtlichen Grundlage (BIG)“, fordert der Vorstandsvorsitzende der AG City. Eine Fortsetzung, die allen am Herzen liegt, denn schließlich würden alle Beteiligten wie der Handel, die Bezirke und die Politik von einer Fortsetzung profitieren. Die Verwaltung und BID-Management stehen im regelmäßigen Austausch auf der Suche nach einer Lösung. „Wir machen weiter Druck und hoffen, dass Ende des Jahres zumindest die Rechtsvorschrift ins Laufen kommt, das bedeutet aber auch, dass gemäß der Vorschrift für ein Folge-BID bestimmte Fristen eingehalten werden, Konzepte erarbeitet und Ausschreibungen erfolgen müssen. Und leider heißt es dann ja auch nicht, dass gleich benötigte Zahlungen zur Verfügung stehen. Für die Zwischenzeit versuchen wir jetzt auf freiwilliger Basis mit einem BID light die Eigentümer mit ins Boot zu holen bzw. zu halten. Viele haben sich in der Vergangenheit vom Erfolg und der Notwendigkeit überzeugen können. Aber natürlich funktioniert das System nur, wenn alle einzahlen, schließlich profitieren auch alle.“
Die City Talks sind unser großes Pfund
Der zweite Pfeiler der Arbeitsgemeinschaft ist ihr großes Netzwerk, um beispielsweise auch wichtige Projekte wie ein neues BID ans Laufen zu bringen. Mehr als 500 Mitglieder sind im Verein vernetzt und wollen fast alle das Gleiche: das es in der City West aufwärts geht. Denn schließlich haben alle mit dem Konkurrenten Online Handel, der Inflation und den Corona Nachfolgen zu kämpfen. „Auf den traditionellen regelmäßig stattfindenden City Talks und City Branchen Talks passiert sehr viel mehr als nur ein nettes Zusammensein, hier werden neue Kontakte geknüpft, neue Geschäfte auf den Weg gebracht und sich ausgetauscht. Frühere Einzelkämpfer werden sozusagen eine Gemeinschaft“, weiß der 59-Jährige. Außerdem würden frische Impulse von den neuen Vorstandskollegen kommen, die alle wichtigen Bereiche wie Handel, Stadtentwicklung, Tourismus und Kultur abdecken. Für Anfang 2024 haben die neuen Vorstandsmitglieder bereits eine Mitgliederbefragung vorbereitet um die Bedürfnisse und Wünsche der Mitglieder abzufragen. Wichtige Informationen, um gut für die Zukunft aufgestellt zu sein, nicht nur was Projekte anbelangt, sondern auch für die Mitgliederneugewinnung. Schließlich hat sich Uwe Timm die Verdoppelung der Mitgliederanzahl zum Ziel gesetzt. Genauso wie die Weiterentwicklung der Wilmersdorfer Straße. „Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Wilmersdorfer Straße, die auch zur AG City gehören, haben uns um Hilfe gebeten. Genau das gehört auch zur Philosophie der AG City, unsere Ressourcen und Erfahrungen mit anderen zu teilen.“