Wenn man sich heutzutage durch die Sportfernsehlandschaft zappt, kann es durchaus passieren, dass man bei einer Sportart hängen bleibt, die schwer im Kommen ist. Wenn der Pfeil in die Triple 20 oder ins Bullseye fliegt, das Publikum johlt, wie sonst nur auf dem Fußballplatz, wenn der Kommentator „One Hundred and Eighty“ ins Mikrophon brüllt, dann ist man beim Darts gelandet. Die vielleicht britischste Sportart von allen ist auch in Deutschland im Trend.
Aufzeichnungen aus dem 19. Jahrhundert lassen vermuten, dass Großbritannien das Mutterland des Darts ist, der Name jedoch stammt aus dem Französischen. Die Franzosen pflegten bei Schlachten kleine speerähnliche Wurfpfeile als Waffen einzusetzen – die Darts. Auf den britischen Inseln war diese französische Waffe ebenfalls bekannt. Angeblich schenkte Anne Boleyn ihrem Mann Heinrich VIII. einen Satz dieser Pfeile.
Ähnlich wie beim Bogenschießen liegt der Ursprung der Dartscheibe bei den Wagenrädern. Diese wurden im England des 12. Jahrhunderts zum Zielschießen verwendet. Später wurden den Abständen zwischen bestimmten Speichen besondere Werte zugeschrieben, während der Treffer in der Nabe (Bull’s Eye) immer den höchsten Wert hatte. Die Dartscheibe unterteilt sich in 20 Segmente mit der Wertigkeit 1 bis 20 und den Mittelpunkt Single Bull (grün) = 25 und Bull’s Eye (rot) = 50 Punkte. Der innere schmale Ring ist das Triple. Trifft ein Pfeil in diesen Bereich, verdreifacht sich der Wert des Feldes. Der äußere schmale Ring (Double) verdoppelt die Punktzahl. Nicht das Bull‘s Eye, also die Boardmitte, bringt also die meisten Punkte, sondern die Triple 20. Da der Wert verdreifacht wird, sind beim Treffen der Triple 20 insgesamt 60 Punkte erreicht. Und landen alle drei Pfeile hier, dann gibt es eben die berühmten „One hundred and Eighty“ – und Kommentatoren und Fans bei großen Meisterschaften flippen aus.
Bei Turnieren wird meist die Variante „501“ gespielt. Jeder Spieler hat 501 Punkte. Die Spieler werfen abwechselnd ihre drei Pfeile auf die Scheibe. Die vom Spieler erreichten Punkte werden von den 501 Punkten abgezogen. Wer zuerst genau null Punkte erreicht, hat gewonnen. Wirft ein Spieler in einer Runde mehr Punkte als die ihm verbliebenen, sind seine Würfe dieser Runde ungültig. Dieses nennt man die Bust-Regel (Überwerfen). Zum Beenden muss der Punktestand immer genau auf Null reduziert werden. Es gibt mehrere Spielvarianten, um das Spiel zu beenden, von denen Double Out die häufigste ist, zum Beenden muss also ein Double-Feld getroffen werden.
Bei Boris Bollert, Bettina und Hermann Naßl sind die Pfeile Teil des Lebensinhalts. Die drei sind im Vorstand des Vereins Nord Fighter Berlin aktiv, Bollert ist der Vorsitzende, Hermann Naßl Schriftführer, seine Frau Bettina Kassiererin. 2. Vorsitzender ist Uwe Sauer, Sportwart Christian Sauer, die beiden sind zum Ortstermin aber verhindert. Zum Treffen in der Privatwohnung der Naßls im Märkischen Viertel haben sich die drei anderen Vorstandsmitglieder in „Schale geworfen“ und präsentieren ihre neuen Trikots. Die Nord Fighter wurden bereits 2008 als Sportmannschaft auf dem Alemannia-Gelände an der Kienhorststraße in Reinickendorf gegründet, teilten sich später aber auf. „Unsere“ Nord Fighter gibt es erst seit gut zwei Jahren, am 12. Februar 2020 fand die Gründungsversammlung statt, aber erst am 26. April 2021 folgte der Eintrag ins Vereinsregister beim Amtsgericht Charlottenburg. „Es gibt zwar viele Mannschaften in Berlin, aber wenig eingetragene Vereine“, sagt Boris Bollert.
Die Nord Fighter spielen E-Darts an Automaten, die in manchen Kneipen aufgebaut sind – im Unterschied zum Steel Dart, das auf aus gepressten Sisalfasern bestehenden Scheiben gespielt wird. Dachverband für die E-Darter ist der Deutsche Sportautomatenbund, die Nord Fighter spielen mit ihrer 1. Mannschaft in der A-, mit der 2. Mannschaft in der B-Liga. Für die Zukunft hat man einiges vor. „Wir wollen wachsen, sind dafür auf der Suche nach einem neuen Domizil“, sagt Hermann Naßl. Im Vereinslokal „Märkische Bierstuben“ gibt es nur zwei Automaten – auf Dauer sei das zu wenig. Dazu ist es eine Raucherkneipe, jugendliche Dartspieler dürfen nicht rein. „Uns schwebt ein Raum vor, den wir selbst ausstatten würden – mit vier Geräten, einem Tresenbereich und eben Terminen, an denen nicht geraucht werden darf“, sagt Bollert.