Die Immobilienmärkte der deutschen Groß- und Universitätsstädte sind angespannt. Inzwischen ist es kein Geheimnis mehr, dass nicht mehr nur Wohnungen knapp werden, sondern auch Büros. Das stellt sämtliche Akteure vor historisch hohe Herausforderungen.
Am Dienstag, dem 14. Februar 2017, trat der Rat der Immobilienweisen, ein Gremium ausgewiesener Experten der deutschen Immobilienwirtschaft, vor die versammelten Journalisten. Zwischen ihnen standen Bau-Staatssekretär Gunther Adler und Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss, des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft. Wie gewohnt stellten die Immobilienweisen an diesem Jahr ihr neues Frühjahrsgutachten vor, das einmal jährlich eine ausführliche Analyse sämtlicher großer Nutzungsarten der Immobilienwirtschaft, von Büro- bis Wohnimmobilien, liefert.
Die Erwartungshaltung der anwesenden Medienvertreter war eindeutig. Die steigenden Wohnungsmieten und -kaufpreise in den Ballungsgebieten Deutschlands waren das Thema des Tages. Der Anstieg war jedoch laut Gutachtern moderater als noch im Vorjahr. Im Bundesdurchschnitt nahmen die Mieten im Jahr 2016 um 2,6 Prozent zu, bei den Kaufpreisen lag der Anstieg bei 8,4 Prozent. An diesem Tag fanden die Gutachter jedoch mahnende Worte in Richtung der Bundesregierung, an die das Frühjahrsgutachten übergeben wurde. „Die Angebotsseite der Immobilienwirtschaft ist durch zahlreiche Regulierungen betroffen, welche die Herstellungskosten des Wohnungsbaus in die Höhe treiben. Dadurch wird die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums zunehmend zur Herausforderung für die Immobilienwirtschaft“, fasste etwa Prof. Dr. Lars Feld die Lage am Markt zusammen.
Doch an diesem Tag gingen die mahnenden Worte weit über das Wohnungssegment hinaus. Die Gutachter warnten auch vor einer gefährlichen Verknappung an Büroflächen in den sieben größten deutschen Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Dem Frühjahrsgutachten zufolge habe sich der Leerstand bei Büroflächen in diesen Standorten um etwa 80 Basispunkte auf 5,0 Prozent reduziert. Der mit Abstand deutlichste Rückgang von Angebotsflächen wurde in München (-130 Basispunkte auf 2,5 %), Stuttgart (-80 Basispunkte auf 2,9 %) und Berlin (-70 Basispunkte auf 3,1 %) erfasst. Das entspreche laut dem Frühjahrsgutachten einer faktischen Vollvermietung in diesen drei Top-Standorten.
Mit dieser Nachricht wurde klar, dass die hohen Zuzugszahlen in den deutschen Metropolen nicht mehr nur eine Hürde für Wohnungssuchende darstellen. Auch Unternehmen haben zunehmend Probleme, passende Arbeitsflächen in den bevorzugten Lagen zu finden. Das wirkt preistreibend und führt zu Verdrängung von Gewerbetreibenden. Die Diskussion in der Öffentlichkeit wurde an diesem Tag um eine weitere Frage eröffnet: Wie können neue und bezahlbare Büros geschaffen werden?
Schon vorher hat sich die Immobilienwirtschaft diese und weitere wichtige Fragen stellen müssen. Dem vorangegangen ist eine grundsätzliche Entwicklung der deutschen Städte. Vor zwanzig oder dreißig Jahren war das produzierende, laute Gewerbe doch ein gewohnter Nachbar in den urbanen Lagen Deutschlands. Doch seit mehreren Jahren agieren Stadtentwickler nach dem Prinzip „Stadt der kurzen Wege“. Emissionsreiche Produktion hat die Innenstädte seitdem verlassen. Seitdem setzt die Immobilienwirtschaft auf die intelligente Kombination aus Wohnen, Arbeiten und Versorgen. Diese Dreiteilung stellt die Lebensqualität der deutschen Städte und Gemeinden sicher. Kein Stadtbewohner möchte weite Wege zum Arbeitsplatz auf sich nehmen. Er möchte in fußläufiger Umgebung einkaufen können und Erholungsflächen haben.
An diesem 14. Februar hat auch die Politik verstanden, dass sie in den Jahren zuvor einen falschen Fokus gesetzt hat. Baugenehmigungen von neuen Wohnungsprojekten wurden übervorteilt – zulasten von entsprechenden Planungsverfahren für neue Büro- oder auch Handelsflächen. Während die Kommunen auf der einen Seite also die kritische Lage am Wohnungsmarkt bekämpfen wollten, ließen sie es zu, dass sich auf der anderen Seite ebenfalls Engpässe bilden.
Doch soll so die Stadt von morgen aussehen? Eine Stadt, die nur Wohnraum bietet? Die Antwort ist eindeutig nein. Und dafür brauchen die Ballungsgebiete sämtliche Nutzungsarten der Immobilienwirtschaft. Und schnelle Entscheidungen. Der ZIA, der die Interessen der deutschen Immobilienwirtschaft in Richtung der Politik vertritt, fordert deshalb bereits seit mehreren Jahren, Wege zu finden, um Planungs- und Genehmigungsprozesse sowie Grundstücksvergaben zu beschleunigen. Dafür benötigen Kommunen neues Personal, das in den Jahren zuvor noch abgebaut wurde. Doch sie brauchen auch schlankere Prozesse. In den Nachbarländern Deutschlands dauern Baugenehmigungsverfahren häufig nur Wochen oder Monate, während in der Bundesrepublik mitunter mehrere Jahre vergehen können, bis ein Projekt starten kann. Das führt zu steigenden Miet- und Kaufpreisen und einer finanziellen Überlastung der Mieter und Nutzer der neuen Projekte.
Die Stadt der Zukunft ist also eine Stadt der kurzen Wege, eine Stadt der modernen Infrastruktur, eine Stadt mit hoher Lebensqualität. Dabei verkörpert sie eine wichtige Eigenschaft der deutschen Ballungsräume, nämlich bezahlbaren Wohnraum auch in zentralen Lagen. Die Aufgabe der Stadtplaner und Immobilienwirtschaft wird sein, diese Städte zu entwickeln. Die Aufgabe der Politik ist es, dafür die Rahmenbedingungen herzustellen.