//GESPONSERT – Spätestens in den 1990er-Jahren wurde deutlich, dass Rainer Werner Fassbinders Werk zum internationalen Kulturgut gehört. „Fassbinder is the most dazzling, talented, provocative, puzzling, prolific and exhilarating filmmaker of his generation“, schrieb die „New York Times” 1997, als die erste umfassende Filmretrospektive im Museum of Modern Art (MoMA) über Monate Tausende von Zuschauern anzog. Den Nachlass des Regisseurs, Filmproduzenten, Schauspielers und Autors hütet und pflegt die Rainer Werner Fassbinder Foundation (RWFF).
Fassbinders Mutter Liselotte Eder gründete nach dem Tod des Multikünstlers, der 1982 mit nur 37 Jahren starb, die gemeinnützige Nachlassstiftung, die zehn Jahre später ihren Sitz nach Berlin verlegte. Spätestens von da an war die Hauptstadt immer wieder Aktionsraum für verschiedene Projekte. Präsidentin und Leiterin der Stiftung ist seitdem Juliane Maria Lorenz, die Fassbinder 1976 bei der Arbeit am Film „Chinesisches Roulette“ begegnete. Daraus entwickelte sich sehr persönliche Arbeitsgemeinschaft, die bis zum Tod des Regisseurs fortdauerte und insgesamt 14 Filme umfasste.
Die RWFF ist Inhaberin aller Rechte an Fassbinders umfangreichem künstlerischem Nachlass: vierzehn originale Theaterstücke, sechs Adaptionen, vier Hörspiele, vierundvierzig Kino- und Fernsehfilme und zwölf Liedertexte sowie zahlreiche frühe Schriften. Darüber hinaus schrieb Fassbinder fünfzig Drehbücher, davon dreizehn mit Co-Autoren. Seit 1995 wurden auch zahlreiche Filmstoffe für die Theaterbühne adaptiert. Darüber hinaus entstehen seit einigen Jahren auch zeitgenössische Theaterstücke von deutschen und internationalen Theaterautoren/Regisseuren, die Fassbinders Theater- und Filmtexte, Interviews ec. aufgreifen und weitererzählen. Darunter international renommierte Autoren/Regisseure wie Falk Richter mit seinem Stück „Je suis Fassbinder“ oder Christoph Wackerbarth in seinem Spielfilm „Casting“, der auf der Berlinale 2017 mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde. Nicht zu vergessen die kongeniale Bühnenadaption und Regie von Thomas Ostermeier zu Fassbinders Welterfolg „Die Ehe der Maria Braun“. Die Inszenierung war auch an der Berliner Schaubühne zu sehen. Fassbinder Werke sind längst Klassiker der internationalen Film-, Theater- und Kulturgeschichte.
„Ein wichtiger Höhepunkt der Arbeit der RWFF war 1992 die erste vollständige Fassbinder-Retrospektive in Deutschland mit begleitender Ausstellung zum 10. Todestag im Fernsehturm am Alexanderplatz in Berlin, die den Titel trug ‚Rainer Werner Fassbinder: Dichter, Schauspieler, Filmemacher.‘ Das Ereignis wurde ein medialer Höhepunkt. Auch öffentlich- rechtliche Fernsehanstalten sendeten Fassbinder-Filme zu den besten Sendezeiten“, erinnert sich Juliane Maria Lorenz, die als Filmeditorin, Regisseurin, Produzentin und Autorin arbeitet. Im Anschluss daran reiste eine verkleinerte Ausstellung mitsamt Fassbinder-Retrospektive und in Kooperation zwischen der RWFF und dem Goethe-Institut durch Europa, Asien, Nord- und Südamerika.
„Wenn das Licht im Kino ausgeht, beginnt der Traum, regiert das Unterbewusstsein“, hatte Fassbinder formuliert.
Die Resonanz auf die MoMa-Ausstellung führte die RWFF dazu, im Dezember 1998 die unabhängige und gemeinnützige The Fassbinder Foundation (FF Inc.) in New York zu gründen, in deren Advisory Board u. a. Peter Bogdanovich, Armin Müller-Stahl, John Waters und Barbara Sukowa sitzen. Zudem wird Fassbinders Theaterwerk seit bald 40 Jahren nicht nur in Deutschland, Westund Osteuropa viel gespielt, sondern ist inzwischen gleichrangig mit Bertolt Brecht und Heiner Müller auf weltweiten Bühnen präsent.
Mit der Vorstellung von „Fassbinders Berlin Alexanderplatz: Remastered“ auf der 57. Berlinale 2007 wurde der aufwendig restaurierte fünfzehneinhalbstündige Film als Berlinale Special im Admiralspalast und als Marathon-Ereignis in der Volkbühne Ost vorgestellt. Eine der wichtigsten Ausgaben sieht Juliane Maria Lorenz in der Restaurierung und Digitalisierung der Fassbinder-Filme. Die Arbeiten dazu begannen im Jahr 2012. „2019 schließen wir die Restaurierungsprojekte ab und bereiten ein bereits für 2020 avisiertes Ausstellungsprojekt in der Bundeskunsthalle Bonn vor, das gemeinsam mit dem DFF Deutsches Filminstitut/Filmmuseum kuratiert und von der RWFF begleitet wird“, so Juliane Maria Lorenz.
2020 würde RWF am 31. Mai fünfundsiebzig Jahre alt werden.