Die Moabiter Nachbarschaftsbar

Die Wilhelmshavener Straße ist eine stille Straße. Wer ins George R. kommt, kommt gezielt. Inhaber Alexander Frenzel, den hier alle Alex nennen, poliert Gläser und reicht ein Sprudelwasser zum Interview. Seine Bar heißt nach George Remus, einem deutschstämmigen Rechtsanwalt, Alkoholschmuggler und „Amerikas Prohibitions-König“ in den 1920er Jahren.  

Die beliebtesten Cocktails? 

Passend zur Jahreszeit führt der frische fruchtige Cocktail „Green Garden“ auf Gin-Basis, eine Weiterentwicklung des Basil Smash mit Basilikum – daher die grüne Farbe – derzeit die Hitliste bei den Bestellungen an. Er kostet 11 Euro. Sehr beliebt ist auch Katana Sour (13 Euro). Das ist eine Abwandlung von Whiskey Sour und enthält neben Woodford Eye Whiskey auch Pflaume, Zitrone, Amaretto Disaronno, Eiweiß und Salz. Als aromatisch und nussig beschreibt die Cocktailkarte den „Herr von Ribbeck“ (12,50 Euro) aus einem Single Malt Scotch sowie Birne und Walnuss. „The Treeline“ wird auf der Basis von Fords Gin u.a. mit Thymian gemischt. 

Besonderheiten? 

80 Prozent Eigenkreationen. Der „Drink des Monats“ auf der Tafel über dem Tresen heißt aktuell „Paloma“ (13 Euro) und ist auf Tequila-Basis. Sechs Mal im Jahr wird die Getränkekarte gewechselt. Alles außer den Spirituosen wird im George R von Alex und seinem Team selbst hergestellt, also Sirups, Infusionen und Shrubs (auf Deutsch „süßsaurer Obstsirup“) wie der „Habanero Shrub“. Der besteht aus Chili-Schoten, die mit Agavensaft aufgekocht werden, nachdem sie zuvor ein halbes Jahr in Essig eingelegt wurden. 

Bier vom Fass oder aus der Flasche? 

Beides gibt’s hier: Pilsner Urquell aus Tschechien vom Fass für 3,60 Euro (0,3 l) und 5,40 Euro (0,5 l) und frisch gezapftes irisches Guiness für 4,40 Euro (0,3 l) und 6,40 Euro (0,5 l). Aus der Flasche kann man entweder italienisches Peroni Nastro Azzuro für 4,50 Euro (0,33 l) bekommen oder Brew Dog Punk aus dem schottischen Aberdeenshire für 6 Euro (0,33 l). 

Wein? 

Neben Pfälzer Riesling und Chardonnay werden Primitivo aus Apulien sowie spanischer El Abuelo de Piqezras Crianza gereicht. Beim Champagner stehen gleich sechs Sorten auf der Getränkekarte. Das teuerste und das günstigste Getränk? 

Eine Flasche des Champagners Perrier Juoët Belle Epoque von 2013 kostet 225 Euro, und ein Wasser von Spreequell 3 Euro. 

Betreiber? 

Alex, geboren in Leipzig und aufgewachsen in Berlin, hat schon als Jugendlicher in der Schulzeit nebenher als Barkeeper gearbeitet. Später, als er Geschichte studierte, bekam seine Leidenschaft für Bartresen Oberwasser, so dass er sich schließlich ganz darauf verlegte, in Bars zu arbeiten. Er war gerade Barchef in einem Restaurant im südlichen Teil von Moabit, als er zusammen mit einem der letzten Gäste die Idee entwickelte, eine eigene Bar zu eröffnen. Der Gast war der Architekt Aljoscha Hofmann, der in der Folge zu seinem Geschäftspartner wurde. Zusammen eröffneten die beiden Männer im Sommer 2013 ihre Bar George R. 

Konzept und Einrichtung? 

Als rustikal bezeichnet Alex die Einrichtung. Der geflieste Fußboden stammt aus dem Jahr 1897. Es gibt Holzstühle statt Ledersessel und Sofas, damit man sich „anschauen kann beim Reden“. An der Decke hängt der Unterbau eines „Heroin- Bettes“ aus den 1930er Jahren, das zur Lampe umfunktioniert wurde. Gemütlich ist es hier und passt zum Konzept einer Nachbarschaftsbar, die sich gut für erste Treffen von Paarungswilligen eignet. Man muss klingeln, um eingelassen zu werden und sitzt hier ruhig und abgeschirmt von der Außenwelt. Im Sommer ist das anders, wenn die Tür zur Terrasse bis 22 Uhr offensteht. Draußen können etwa 30 Gäste gleichzeitig Platz nehmen, etwa genauso viele Personen drinnen. Rund 80 Prozent der Gäste kommen zu zweit, schätzt Alex. „Manchmal ist es traurig zu beobachten, wenn das Treffen nicht so gut lief und sie getrennt zahlen und getrennt nach Hause gehen.“ Alex’ Team besteht aktuell aus vier Leuten. Wenn der potenzielle fünfte Mann am Tresen seinen Posten antritt, kann George R. statt an derzeit fünf Tagen wieder an sieben Tagen in der Woche öffnen. 

Veranstaltungen? 

Heute steht ein Cocktailkurs für eine Firma als geschlossene Veranstaltung an. Einmal pro Monat gibt es so etwas auch öffentlich für alle, die sich dafür interessieren. Zusätzlich finden bei George R regelmäßig Verkostungen von Whiskey, Gin, Rum und Mezcal statt. Und am 1. August 2023 wird natürlich der 10. Geburtstag gefeiert. Dann gibt es statt des üblichen Leitungswassers zum Drink ein Glas Champagner. 

Musik? 

Jazz und Blues, und am Wochenende laufen auch Pop-Hits der 1970er und 80er Jahre. Nicht zu laut, damit sich alle gut unterhalten können, denn Kommunikation ist hier das A und O. Es gibt zwar kein Handyverbot, aber Plaudern geht vor. 

Kundschaft? 

Zwischen 25 und 55 Jahren alt sind die meisten Gäste, natürlich mit Abweichungen nach oben und unten. Mehr Frauen als Männer. Etwa die Hälfte stammt aus dem Kiez. „Weltoffene Leute, die auch schon mal ein Buch lesen“, meint Alex schmunzelnd. Darunter sind alle möglichen Berufsgruppen, auch Schauspieler und Musiker. 

Zukunft? 

Eine zweite und eine dritte Bar möchten Alex und Aljoscha mittelfristig gern zusammen aufbauen. Am liebsten in Moabit, weil sie hier noch Bedarf an Bars sehen. Das merken sie u. a. daran, dass fußläufig kaum ein anderes Lokal zu erreichen ist, in dem man nach dem Feierabend im George R noch einen weiteren Absacker nehmen könnte. 

Geöffnet? 

Dienstags bis sonnabends von 19 Uhr bis 1 Uhr, am Wochenende bis 2 Uhr. Die Terrasse ist bis 22 Uhr geöffnet. Tische zu reservieren, wird empfohlen. 

www.george-r.de

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