Seit Ende 2016 ist Boris Velter (SPD) Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Auf Landesebene geht es vor allem um die Gestaltung von Versorgung – wie Ärzteverteilung, die Situation der Krankenhäuser, Apotheken und Pflegeangebote.
Herr Velter, der vom Senat für 2016 bis 2020 beschlossene Krankenhausplan soll zu „mehr Bedarfsgerechtigkeit und Qualität in der stationären Versorgung“ führen. Wie ist der aktuelle Stand, was die Personal- und Strukturvorgaben angeht?
Unser Krankenhausplan ist bundesweit Vorreiter. Mit unseren Qualitätsvorgaben haben wir uns an die Spitze der Länder gesetzt. Vor allem im Bereich der Notfallversorgung haben wir klare Vorgaben definiert. Der Krankenhausplan gilt, und damit auch diese Vorgaben. Jetzt geht es darum, bei der Weiterentwicklung nicht dahinter zurückzufallen, sondern im Gegenteil die Qualitätsindikatoren, die auf Bundesebene entwickelt werden, dort, wo es sinnvoll ist, zu nutzen. Eine besondere Herausforderung ist dabei, unseren Krankenhausplan mit Brandenburg zu synchronisieren, wo zum Teil eine im Vergleich zu Berlin doch sehr unterschiedliche Versorgungssituation herrscht.
Im Krankenhausplan geht es um den dringend notwendigen Bettenaufbau. Aktuelle Prognosen zeigen einen Anstieg der Bevölkerung bis 2020, der über die bisherigen Annahmen hinausreicht. Wie gehen Sie darauf ein?
Die Bettenauslastung der Berliner Krankenhäuser ist sehr hoch und wir werden sicher weitere Anpassungen nach oben vornehmen. Diese aber natürlich immer unter Berücksichtigung von Qualitätsvorgaben.
Zusätzliche Kapazitäten für die neurologische Frührehabilitation sollen laut Plan eine nahtlose Versorgungskette von der Akutbehandlung hin zur neurologischen Rehabilitation sowie ein wohnortnahes Versorgungsangebot sicherstellen. Wann wird es so sein?
In kaum einem anderen Bereich ist es so wichtig, nahtlose Versorgungsketten zu organisieren. Zumindest punktuell funktioniert es schon hervorragend. Jetzt gilt es, diesen Weg weiter zu verfolgen.
Qualitätssicherung und Sicherheitsstandards in den Kliniken sind sehr wichtig. Die Teilnahme am Schlaganfallregister ist nur ein Beispiel für deren Umsetzung. Was wird noch konkret getan?
Pro Jahr erleiden ca. 11.000 bis 12.000 Menschen in Berlin einen Schlaganfall. Deswegen ist es für uns ein hochrelevantes Thema und ich freue mich, dass wir z.B. mit dem Schlaganfallregister Licht ins Dunkel bringen konnten. Ich hatte auch die Freude, ein weiteres Stemo einweihen zu dürfen. Für mich ein weiterer wichtiger Baustein in der Schlaganfallversorgung. Trotzdem liegen hier natürlich noch viele Herausforderungen vor uns. Gespräche zu diesem Thema machen mich zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit der Selbstverwaltung gerade im Bereich Qualität große Fortschritte erzielen können.
Einseitige landesbezogene, nicht finanzierte Personal- und Strukturvorgaben sind in den Kliniken nicht umsetzbar, monierte die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG) als Vereinigung der Träger von Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen sowie ihrer Spitzenverbände. Wie gehen Sie auf die Kliniken zu?
Bei der Frage von Personal- und Strukturvorgaben geht es um Patientensicherheit, also schlicht um das Wohlergehen von Menschen in existenziellen Notsituationen. Ich kann hier nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag warten, bis das letzte Land mitzieht. Ich erwarte von denjenigen, die an der medizinischen Versorgung teilnehmen, dass sie ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen und die Vorgaben umsetzen.
„Ich erwarte von denjenigen, die an der medizinischen Versorgung teilnehmen, dass sie ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen und die Vorgaben umsetzen.“
Qualitätsvorgaben und Herausforderungen der mit der wachsenden Stadt verbundenen Entwicklungen erfordern mehr Investitionsmittel vom Land. Der Haushaltsansatz im Doppelhaushalt 2016/2017 bleibt laut BKG mit jeweils rund 107 bzw. 109 Mio. Euro weit hinter den dringend benötigten 240 Mio. Euro pro Jahr zurück. Welche Nachbesserungen gab es bzw. wird es geben?
Wir befinden uns aktuell in den Haushaltsberatungen. Ich bin zuversichtlich, dass wir bei den Krankenhausinvestitionen, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ein gutes Stück vorankommen.
Vor kurzem fand das Gesunde-Städte-Symposium zum Thema „Stadt im Wandel – Gesunde Städte und Gemeinden von morgen“ statt. Berlin ist in dem Netzwerk dabei und muss sich welchen Herausforderungen stellen?
Zentral ist, dass die verschiedenen Politikfelder hier zusammenarbeiten. Bildung, Sozial- und Gesundheitspolitik, aber auch Stadtplanung müssen Hand in Hand arbeiten, um die Ziele der Gesunden Stadt zu erreichen. Ich werbe für ein Bundesprogramm Gesunde Stadt, das den Schwerpunkt auf Armut und Gesundheit legt. Denn der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Situation und Gesundheitschancen ist dramatisch; wer arm ist, ist häufiger krank und stirbt früher. Das ist für mich inakzeptabel.
Selbstständigkeit und Lebensqualität im Alter erhalten, Gesundheitschancen für Kinder und Jugendliche erhöhen – Benachteiligung abbauen, gesundes Arbeiten in Berlin stärken – diese drei Gesundheitsziele der Landesgesundheitskonferenz Berlin (LGK) sollen Prävention und Gesundheitsförderung stärken. Was passiert auf den Feldern aktuell?
Letztlich geht es darum, dass sie mit konkreten Maßnahmen hinterlegt sind. Der Grad der Verbindlichkeit muss aus meiner Sicht deutlich erhöht werden. Aktuell sind wir mit den betroffenen Akteuren im Gespräch, um eine Landesrahmenvereinbarung entsprechend dem Präventionsgesetz abzuschließen. Mit dieser Vereinbarung will ich die Verbindlichkeit der Zielverfolgung erhöhen sowie Transparenz über die entsprechenden Präventionsaktivitäten schaffen. Nur so kommen wir hier einen echten Schritt weiter.