Es ist Sommer. nix wie raus! Das sagten sich auch die Initiatoren der Havelländischen Musikfestspiele und locken Musikinteressierte in die Parks, Gärten, auf die Gutshöfe und Wiesen des Havellandes.
Dabei begann das Musikfestival bereits im März (da natürlich nicht draußen) und endet in diesem Jahr am 17. Dezember auf Schloss Kartzow. Wir sprachen mit Madleen Fox, die in einer musikbegeisterten Familie im Havelland aufwuchs und in Würzburg klassische Archäologie und Musikwissenschaft studierte. In der fränkischen Stadt sammelte sie erste Theatererfahrungen. 2016 wurde die 31-Jährige Geschäftsführerin der Havelländischen Musikfestspiele.
Was zeichnet die 17. Havelländischen Musikfestspiele aus?
Das ist natürlich das Jubiläumsjahr der Reformation, zu dem wir eine eigene Reihe initiierten: „Auf den musikalischen Spuren der Reformation“. Die umfasst neun Konzerte und geht durch drei Landkreise. Die Konzerte stehen im Kontext mit den Kirchen und Schlössern, in denen sie stattfinden. Das lässt die Besucher die Auswirkungen der Reformation auf die Mark unmittelbar und emotional erleben. Musikalisch öffnen wir verschiedene Wege. Dazu gehört natürlich Bach, aber auch „Stabat mater“ von Pergolesi und Piazolla, der ja ebenso ein Reformator war, wenn auch in einer anderen Zeit und damit unter anderen Bedingungen. Ein Höhepunkt ist das Konzert des Vokalensembles VOX NOSTRA am Reformationstag auf der Burg Ziesar, wo Luthers Lieblingsmusik erklingt. Voller Abwechslung sind unsere Weihnachtskonzerte, wofür beispielsweise „Luthers Weihnachten“ mit Sax-Ensemble und Lesung in der Kirche zu Bagow steht.
Vom Pianisten Frank Wasser gegründet, gehört die Veranstaltungsreihe „Die Kunst des Klavierspielens“ zum Festival. Gibt es 2017 ein Thema, besondere Konzerte?
Vor zwei Jahren begannen wir die Klaviermusik, die immer zu den Musikfestspielen gehörte, unter ein Thema zu stellen. 2017 ist das die Musik von Johann Sebastian Bach, der als „musikalischer Ausdruck der Reformation“ gilt. Und um ein bisschen Appetit zu wecken: Nächstes Jahr widmen wir uns Debussy.
Alle Veranstaltungen der Havelländischen Musikfestspiele finden an besonderen Spielstätten statt: Schlössern, Herrenhäusern, Kirchen, Gutshöfen, Parks, Seeufern und Gärten. Wer sucht die eigentlich aus?
Das ist ganz verschieden. Wir – damit meine ich unser kleines Team, aber auch die Familie und Freunde – sind bei allen Touren durchs Havelland immer ein bisschen auf der Suche. Wenn dann ein Ort entdeckt ist, der sich für ein Konzert eignen könnte, beginnt die Recherche und im besten Fall bald schon die Arbeit. Viele der Schlösser hat Frank Wasser für die Festivalidee begeistert und gewonnen. Es erstaunt mich selbst, dass ich immer wieder Neues entdecke, obwohl ich meine, das Havelland sehr gut zu kennen. Manchmal ist es auch umgekehrt: Dann landen Einladungen auf unserem Tisch mit der Bitte, an einem Ort ein Konzert der Musikfestspiele zu veranstalten, so wie im vergangenen Jahr in der Dorfkirche von Wachow.
Gibt es 2017 Orte, die erstmals bespielt werden?
Ja, wir sind mit einem Weihnachtskonzert am 10. Dezember Gast in der Dorfkirche Kleßen. Nach vielen Jahren Pause finden wieder Konzerte auf der Burg Ziesar statt. 2018 sind wir erstmals zu Gast in der Dorfkirche von Spaatz im Naturpark Westhavelland.
Wie ist die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Verantwortlichen vor Ort?
Sehr gut. Es ist uns wirklich noch nie passiert, dass unsere Anfragen abgelehnt wurden und die Türen geschlossen blieben. Ganz im Gegenteil. Rund um die Konzerte entstehen sehr oft ganze Programme. Die Frauen der Kirchengemeinden und die „Schlossherrinnen“ kochen Kaffee und backen Kuchen, es gibt Lagerfeuer oder Führungen, in der Adventszeit werden bezaubernde kleine Weihnachtsmärkte organisiert. Diese Atmosphäre genießen unsere Besucher aus Berlin ganz besonders, weil sie entdecken, welche kleinen Schätze sich direkt vor der Haustür befinden. Wie zum Beispiel Schloss Nennhausen, das in Privatbesitz ist und zu den Konzerten der Havelländischen Musikfestspiele seine Türen für Besucher öffnet. Wir sind sehr dankbar, dass unsere Partner vor Ort alles tun, damit sich die Zuschauer und die Künstler – die ja häufig von weither anreisen – sehr wohlfühlen.
Woher kommen die Besucher der Konzerte?
Hauptsächlich aus Brandenburg und Berlin. Ich freue mich immer ganz besonders, wenn die Menschen aus der direkten Umgebung des Veranstaltungsortes zu den Konzerten kommen und so ihr unmittelbares Lebensumfeld oftmals in einem neuen Licht erleben.
Auf welches Konzert freuen Sie sich in den kommenden Wochen am meisten?
Da fällt mir die Antwort schwer. Ganz besonders freue ich mich auf das Konzert mit Anna Depenbusch am 13. August im Schlossgarten von Ribbeck. Ich habe die Künstlerin schon live erleben dürfen und bin ein bisschen stolz, dass sie in diesem Jahr bei uns open air singt.
Welches Feedback bekommen Sie von den Künstlern?
Viele sind begeistert von den Veranstaltungsorten, besonders von den Schlössern, und der oft sehr familiären Atmosphäre, die sie rund um die Konzerte erleben. Auch für sie öffnen sich oft neue Bühnen. Als Norbert Leisegang von Keimzeit – das Konzert fand am 24. Juni statt – zum ersten Mal auf dem Pfingstberg in Potsdam stand, zeigte er sich von der Atmosphäre, der Architektur und diesem einzigartigen Blick über Potsdam beeindruckt. Die Künstler erleben, dass es bei uns eine Art inneres Band zwischen dem Charakter des Veranstaltungsortes und ihrer Kunst gibt. Musik, Ort und Natur ergeben ein stimmiges Gesamtbild. Frank Wasser fand dafür den schönen Begriff des „Landschaftsfestivals“.
Alle Termine und Orte unter: www.havellaendische-musikfestspiele.de