Auf einen Lammore – in die Lamm Bar

Fotos: Marie Springer
Fotos: Marie Springer

Auf der Terrasse an der Wisbyer Straße 1 wechseln sich Schauer und Sonnenschein ab. Lamm-Bar- Inhaber Johann Lautenschlager lächelt das weg. Er ist froh, nach fast sieben Monaten seine Bar an der Grenze von Prenzlauer Berg zu Pankow wieder aufsperren zu dürfen. Johann hat seine Gäste vermisst und die ihn, sein Team und die Lämmer und Lämmchen. Zum Gespräch gibt es ein alkoholfreies Störtebeker. 

Die beliebtesten Getränke?

Neben Klassikern wie Negroni, Whiskey Sour und Espresso Martini wird der Hippie Gurke oft bestellt. Das hat drei Gründe, verrät Johann: Gin von der eigenen Spirituosenmarke Stoa schmeckt gut zusammen mit Hibiskus und Gurke und „recht unalkoholisch“. Außerdem überzeugen die attraktive rote Farbe durch den Hibiskus und die Schaumkrone, weil dieser Drink mit Milch geklärt wird. Durch das Milchwaschen kann man unerwünschte Stoffe aus Spirituosen herauswaschen, indem man sie mit Milch mischt, diese anschließend gerinnen lässt und dann herausfiltert. Der Name Stoa kommt übrigens vom Wort Stein und erinnert an die Steinpfalz, einen Teil der Oberpfalz. Von dort stammt Johann.

Besonderheiten bei den Getränken?

Fotos: Marie Springer
Fotos: Marie Springer

Lämmer und Lämmchen mit Namen wie Snax (auf Wodka-Basis), Lammore (Tequila), Pankower Cola (Whiskey), Marek (Stoa Korn) und Lammborghini (Birnenbrand, Campari und Wermut mit Rosmarin). Die sprachliche Verniedlichung gehört zum Konzept der Bar: Während ein normal großer Cocktail – ein Lamm – 9,50 Euro kostet, ist man bei einem Lämmchen schon mit 4,50 Euro dabei. Die neun Lämmchen auf der Karte sind wegen der kleinen Gläser, in denen sie gereicht werden, vorgemixt. Der Vorteil: so lassen sich mehrere Getränke an einem Abend durchprobieren. Als „Lämmchen der Woche“ steht Rhubarbra Streisand auf der Tafel. Der mit Ziegenmilch gewaschene Cocktail enthält neben Tequila Rhabarber. Nächste Woche soll es ALG 1 geben, was für Apfel, Limette und Gurke steht.

Das günstigste und das teuerste Getränk?

Ein frisch gezapftes Bier von der Hausmarke aus Mitterteich in der Oberpfalz bekommt man für 3 Euro (0,4 l). Ein kleiner schottischer Glenmorangie-Whiskey kostet 12 Euro, einen großen gibt’s für 20 Euro.

Fass- oder Flaschenbier?

Neben der bayerischen Hausmarke gibt es Bademeister-Bier vom Fass und aus der Flasche, das Heidenpeters im Keller der Markthalle Neun in Kreuzberg für Johann und sein Team braut. Besonders beliebt als Radler- Ersatz ist die Zitronenvariante auf Sauerbierbasis infusioniert mit Zitronenschalen. Betreiber? Johann wurde in der Landwirtschaft groß. Weil sein Vater Schäfer ist, wuchs er mit Schafen und Lämmern auf und hat sie auch schon selbst geschlachtet. Der vom Vater in seinem Biobauernbetrieb geerntete Roggen wird in der Spezialitätenbrennerei Liebl in Bad Kötzting zu Korn, Wodka und Gin verarbeitet und kommt natürlich in der Lamm Bar zum Einsatz. Die Bar betreibt Johann seit Januar 2019 zusammen mit seinem Kompagnon Dustin Franke, der parallel auch Inhaber mehrerer Bars in Friedrichshain ist, darunter „Krass Böser Wolf“ an der Elsenbrücke. Der Name Lamm Bar ist nicht allein auf Johanns Herkunft zurückzuführen. Das Wappentier der schwedischen Stadt Wisby, nach der die Straße benannt wurde, ist auch ein Lamm.

Einrichtung und Konzept?

Fotos: Marie Springer
Fotos: Marie Springer

An manchen Abenden ist bei 110 Sitzplätzen drinnen und 70 Plätzen auf der Terrasse richtig was los. Die Einrichtung wurde schon mal als Brutalismus-Chic bezeichnet. Ein Innenarchitekt war hier nicht am Werk. Bis auf Schallschutz und Abluft haben Johann, Dustin und ihre Mitstreiter alles in acht Monaten selbst gebaut. 14 Jahre Leerstand vor der Übernahme 2018 hatten den Räumen arg zugesetzt. Damals gab es keinen Strom, kein Wasser und abgehängte Decken, erinnert sich Johann. Der studierte Ingenieur für Umwelttechnik hat für den Bar-Ausbau extra Schweißen gelernt und gemauert. Im hinteren Bereich gibt es einen zweiten Tresen, ein luftig wirkendes Raucherzimmer und ein Séparée, in dem man sich als kleine Gruppe zurückziehen kann. Aktuell besteht das Bar Team aus sieben Leuten, vor Corona waren es zehn.

Veranstaltungen?

Johann betont, dass die Stammgäste niemals wegen einer geschlossenen Gesellschaft vor verschlossenen Türen stehen sollen. Der zweite Geburtstag im Januar 2021 fiel leider durch Corona aus, dafür sollten die gelben Lampen in Rot leuchten und die gesamte Lamm Bar in ein „Hotel Lammour“ verwandeln. Das wird hoffentlich nachgeholt.

Musik?

Vor allem Hiphop und Soul. Interpreten von Amy Winehouse bis Bob Dylan und Simon & Garfunkel hört man in der Lamm Bar. An den Wochenenden gibt es auch mal mehr Beats auf die Ohren. Kundschaft? Die Konzeptbar setzt ganz auf Stammgäste, die immer wieder kommen. Den typischen Gast gibt es nicht. Johann berichtet von Menschen jeder Coleur und aller Altersgruppen. Während es ihm in Neukölln mancherorts sehr homogen erscheint („alle so um die 28 Jahre“), erfreut ihn in der Lamm Bar die große Unterschiedlichkeit. Wo treffen schon ein 19-jähriger Student, eine 30-jährige Geschäftsfrau, ein 55-jähriger Banker und eine 80-jährige Oma zusammen?

Zukunft?

Nach einem „super ersten Jahr“ und dem plötzlichen Stopp im März 2020 bitte erst mal wieder in den Normalzustand wie vor Corona kommen. Außerdem bringt Johann gerade seine in nur dreieinhalb Monaten hochgezogene zweite Bar „Bademeister“ in Weißensee zum Laufen. Sie wurde im März 2021 eröffnet und befindet sich nicht weit vom Weißen See.

Geöffnet?

Montag bis Sonnabend normalerweise ab 18 Uhr, aktuell schon ab 16 Uhr. Gewöhnlich geht es bis 1 Uhr, am Wochenende bis 5 oder 6 Uhr. Sonntag ist Ruhetag. Reservierungen bis 8 Personen.

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