Zum Adventsanfang packt die Susanne Genzel Koffer. Isolierende Pullis müssen rein, dicke Socken auch und die guten, derben Schuhe, die nicht so schnell kaputtgehen. Ein ganzer Berg Klamotten allein, der ihr und der bald sechsjährigen Tochter Maila im kalten schwedischen Winter einen viellagigen Zwiebel-Look ermöglicht. Und dann soll ja auch noch das Equipment für die Hunde mit!
Am 14. Dezember muss alles fertig sein. Dann startet die Berlinerin Susanne Genzel mit Kind und den Familienhuskys Sky (13) und Silver (9) im Auto von Niederschönhausen aus gen Norden, wo sie gemeinsam für viele Wochen in Haus und Hof eines Freundes einziehen. Jörg, der eigentlich in Mecklenburg-Vorpommern zu Hause ist, besitzt zwei urig-typische rote Häuschen in bester Bautradition Schwedens … und dazu selbst 16 Schlittenhunde, für deren Training ihm die Hilfe der Pankowerin sehr willkommen ist. Über die letzten Wochen haben sie schon gemeinsam in norddeutschen Gefilden trainiert: bei dem hiesigen Wetter mit angeschirrten Wagen statt Schlitten. In Schweden nun soll es aber endlich auf die Kufen gehen. Und das nicht zum ersten Mal für Susanne Genzel. Sie ist Musherin, Hundeschlittenführerin also.
Bike-Jöring in Brandenburg
„Ich erinnere mich, dass ich eigentlich schon immer Huskys haben wollte“, sagt die 42-Jährige, die im Berliner Berufsleben in der Luftsicherheit tätig ist, früher in Tegel, jetzt längst am BER. „Als ich aus meinem Elternhaus in Wilhelmsruh ausgezogen war, holte ich einen Hund aus dem Tierschutz, das war ein Streuner, ein Mischling.“ Mit Husky Nero, der heute 21 wäre, erfüllte sie dann endlich ihren Traum. „Mir war wichtig, dass ich mit einem solchen aktiven Hund auch Sport machen kann. Angefangen haben wir mit Bike-Jöring.“ Bei dieser aus Skandinavien stammenden Sportart wird der Vierbeiner vor ein Fahrrad gespannt, um dieses zu ziehen. „Das wird der Natur der Huskys sehr gerecht“, erklärt die Tierfreundin. Ihr neues Hobby begann sie mit einer Gruppe Gleichgesinnter in den brandenburgischen Wäldern auszuüben: „Weicher Waldboden ist ideal für die Pfoten!“ – und für die Menschen im Sattel genauso perfekt als Fitnessstudio geeignet. „Ich habe Unterschenkel wie ein Fußballer“, lacht Susanne Genzel.
Hundegesundheit im Fokus
2015 urlaubte sie zum ersten Mal in Schweden, und zwar gleich in Kiruna in der bitteren Kälte unter dem Nordlicht. Damals begleiteten sie der schon ältere Nero und der seinerzeit junge Sky … und Susanne Genzel stand zum ersten Mal in einer so magischen Winterwelt auf dem Hundeschlitten. „Es war unglaublich“, beschreibt die Berlinerin ihre Eindrücke, „diese Bilderbuch-Natur um dich rum. Und du hörst nichts … nur das Hecheln der Hunde und das Knirschen des Schnees unter ihren Pfoten.“ So war es endgültig um sie geschehen. Seither reist sie mindestens einmal im Jahr an verschiedene schwedische Orte, an denen Rennen stattfinden. „Bei uns steht der Hund – und steht sein Wohlbefinden – immer im Mittelpunkt“, betont sie. „Jörg hat ein Rennen auch schon mal abgebrochen zugunsten seiner Hunde.“ Sie krault Silver hinterm Ohr. Die Hündin wurde in Serbien aus einer Tötungsstation gerettet. Jetzt – im höheren Alter – schiebt sie mit Kumpel Sky gern eine ruhigere Kugel.
Ein Leben für die Huskys
Auch in Schweden werden die beiden Pankower Huskys diesen Winter nur ‚Zaungäste‘ beim Rennen sein, während Frauchen die Leinen junger, fitter Artgenossen in die Hand nimmt und ihrer Sehnsucht frönt. Ob sie auch schon ans Auswandern gedacht hat? „Ja, aber das erfordert viel Mut, den ich erst mal aufbringen müsste.“ Vielleicht … Eines Tages. Huskys aber will sie immer haben, sagt sie. Das ist so klar wie eine klirrend-kalte skandinavische Nacht.