Beim diesjährigen Wohnungsbau-Tag wurde festgestellt, dass das Ziel von 400.000 Neu-bauwohnungen zu engagiert war. Und die Maßnahmen passen nicht zu dem gesteckten Ziel. Im Gegenteil. Weil durch das Streichen von Förderungen und höhere Standards, die die Baukosten nach oben treiben, der Staat den Wohnungsbau sogar bremst.
Alle sind sich einig, dass mehr und schneller Wohnungen gebaut werden sollen. Die Bau- und Wohnungswirtschaft wieder auf den Wachstumspfad zu bringen, sei das Ziel der Bundesregierung und Voraussetzung für eine Rückkehr der gesamten Wirtschaft auf den Wachstumspfad, so Bundesbauministerin Geywitz. „Dauersubventionen für alle Bautätigkeiten kann es aber nicht geben.“ Dazu seien Bauwirtschaft und Bautätigkeit in Deutschland zu umfangreich. „Wir können es nicht schaffen, alles, was in Deutschland gebaut wird, zu subventionieren“. Für den frei finanzierten Wohnungsbau werde wieder ein tragfähiges Renditemodell benötigt. Das Abwürgen des Wohnungsbaus zeige schon Schleifspuren in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Deutschland sei vom Zugpferd in Europa innerhalb kurzer Zeit zum Bremser des Wachstums geworden. So hingegen sah das Katharina Metzger, Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel. Sie forderte „Schluss mit der Wohnungsbaupolitik im Elfenbeinturm“. Laut Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, sei „ein wirksames Maßnahmenpaket statt Stückwerk von zu zaghaften Lösungen dringend notwendig. Um der anhaltenden Krise im Wohnungsbau endlich entgegenzuwirken, brauchen wir ein breit angelegtes Zinsprogramm für den bezahlbaren Wohnungsbau. Ein Zinssatz von 1 Prozent könnte die Bautätigkeit enorm ankurbeln. Die daraus entstehenden Steuereinnahmen gleichen die Kosten der Zinssubvention wiederum aus.“ In Kombination mit der günstigeren seriellen und modularen Bauweise können Wohnungsunternehmen dann auch bezahlbare Mieten von 12 Euro pro qm garantieren. Derzeit seien mindestens 18 Euro notwendig, die sich kaum jemand leisten kann. Das sah Dirk Salewski, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, ähnlich: „Uns muss es gelingen, neue Wege zu finden, um kostengünstigere, einfachere Neubauten zu ermöglichen. Wir brauchen dazu ein klares Regelwerk für vertragliche Vereinbarungen von Bauleistungen. Sonst scheitern wir an der Herkules-Aufgabe, den Wohnungsbau wieder bezahlbar zu machen. Das können wir uns nicht leisten!“
Der Wohnungsbau steckt in der Krise, was die Wirtschaft insgesamt hart treffen werde. Davor warnten die Experten auf dem Wohnungsbau-Tag. Zwei Studien, die auf dem Branchengipfel in Berlin vorgestellt wurden, gaben eine düstere Prognose ab: Das Wegbrechen des Wohnungsneubaus werde der Volkswirtschaft Milliarden-Verluste und dem Staat erhebliche Rückgänge bei den Steuereinnahmen bescheren. Gleichzeitig erlebe Deutschland einen neuen Rekord-Wohnungsmangel: Aktuell fehlten mehr als 800.000 Wohnungen. Das sei sozialer Sprengstoff und lasse politische Unzufriedenheit wachsen. Dass das Wohnungsbauziel der Bundesregierung von 400.000 Wohnungen pro Jahr ein leeres Versprechen bleibt, „wenn jetzt nicht endlich ein echter Bau-Push kommt“, kritisierte Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe: „Dafür müssen die Baukosten gesenkt werden. ‚Einfach Bauen’ muss zivilrechtlich abgesichert werden, damit das Bauen nach Mindeststandards breit angewendet wird. Der Weg dorthin wurde auf dem Wohngipfel mit der Entwicklung einer „Leitlinie und Prozessempfehlung Gebäudetyp E“ aufgezeigt, aber die Umsetzung ist bis heute auf der Strecke geblieben.“ Lukas Siebenkotten vom Deutschen Mieterbund thematisierte die Lage der Mieter: „Bisher warten die 21 Millionen Mieterhaushalte in diesem Land vergeblich auf die Umsetzung des Koalitionsvertrages im Bereich Mietrecht. Der Justizminister glänzt an dieser Stelle mit Arbeitsverweigerung.“ Und auch der dringend benötigte Neubau von bezahlbaren Miet- und Sozialwohnungen komme kaum voran, weil es der Regierung an einem gemeinsamen politischen Konzept mangele. Ausbaden müssten das die Mieter, die vor existenziellen Sorgen stehen. „Nahezu flächendeckend steigen die Angebotsmieten im Vergleich zum Vorjahr fast zweistellig. Die Wohnkostenbelastung hat besorgniserregende Ausmaße angenommen: Jeder dritte Mieter ist finanziell überlastet.“ Fehlender Wohnraum halte auch dringend gebrauchte Fachkräfte aus dem Ausland davon ab, nach Deutschland zu kommen. Dies sei eine „fatale Entwicklung, bei der die Krise im Wohnungsbau einen Dominoeffekt und damit massiven Schaden für weite Teile der Wirtschaft auszulösen droht“, so das Verbändebündnis Wohnungsbau, das den Branchengipfel organisierte. In dem Bündnis haben sich neben dem Deutschen Mieterbund und der IG BAU Verbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie der Mauerstein-Industrie und des Baustoff-Fachhandels zusammengeschlossen. Gemeinsam fordern sie die Politik zur sofortigen Sonderförderung des Wohnungsneubaus auf. Konkret würden 23 Mrd. Euro pro Jahr benötigt: 15 Mrd. für 100.000 neue Sozialwohnungen und zusätzliche 8 Mrd. für den Neubau von 60.000 bezahlbaren Wohnungen, so Berechnungen, die Wissenschaftler des Bauforschungsinstituts ARGE (Kiel) in ihrer Studie gemacht haben. Es sei dringend notwendig, dieses Geld als „Ad-hoc-Förderung des Staates für den Wohnungsneubau“ bereitzustellen. Außerdem müsse deutlich einfacher gebaut werden. „Fazit: Keine überzogenen Standards und deutlich mehr Förderung – nur so schaffe Deutschland den Weg aus der Wohnungsbau-Krise.“
Schnelles Bauen für mehr Wohnraum?
Um 400.000 Neubauwohnungen pro Jahr zu schaffen, muss schneller gebaut werden. Eine Hürde sind bürokratische Verfahren und Vorschriften. Sie stellen oft hohe Anforderungen. Ministerin Geywitz stellte deshalb die schnelle Einführung des Gebäudetyps E („Einfaches Bauen“) in Aussicht. Der soll viele Vorschriften auf einen Schlag reduzieren. Eine Einigung der Bauministerkonferenz, die Musterbauordnung entsprechend zu ändern, bestehe bereits. Die versprochenen Leitlinien dazu habe das Bauministerium erstellt, an den notwendigen gesetzlichen Änderungen arbeite das Bundesjustizministerium. Bauland soll zudem einfacher verfügbar gemacht werden. Daher arbeitet das Bauministerium an der Novelle des Baugesetzbuches. Die Neuerung betrifft das Bauen „in der zweiten Reihe“ und die Bauregeln für den Innenbereich. Auch die technische Anleitung zum Lärmschutz soll umgestaltet werden. Das neue Wachstumschancengesetz ermöglicht die steuerliche Abschreibung von jeweils 5 Prozent für 6 Jahre, so die Ministerin. Die Abschreibung gilt für alle Bauprojekte mit Baubeginn zwischen Oktober 2023 und September 2029. So wird Bauen für private Investoren attraktiver. Die Branche hofft, dass all dieses Zusagen bald in die Tat umgesetzt werden.
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