Wer hat nicht schon einmal in den historischen Kant-Garagen in Charlottenburg getankt oder sein Auto abgestellt. Nachdem diese seit 2016 in den Dornröschenschlag gefallen waren, wurden sie nun wachgeküsst.
Von 1945 – 2014 wurden die Kant-Garagen entsprechend ihrem ursprünglichen Zweck als Garage mit Tankstelle und Reparaturwerkstatt durchgängig genutzt. Abrisspläne des vorherigen Eigentümers Karl Heinz Pepper wurden von den Behörden nicht genehmigt. Ein offener Brief zahlreicher kulturpolitisch aktiver Berliner Institutionen machte damals auf die Bedeutung des Kant-Garagenpalastes öffentlich aufmerksam, das als „singuläres Verkehrsdenkmal von nationalem Rang“ gilt. (Landesdenkmalrat Berlin, Sitzungsprotokoll vom 27.08.2010). Jetzt erweckt das Team von stilwerk dieses Architekturdenkmal der 30er Jahre zu neuem Leben und verbindet auf insgesamt rund 12.500 m2 Fläche erstmalig in Deutschland Showrooms mit Hotellerie an einem Ort. „Wir bleiben der Hauptstadt treu“ – so stilwerk Inhaber Alexander Garbe – „und freuen uns darauf, unser seit nunmehr 25 Jahren bewährtes und stetig weiterentwickeltes Konzept – nach kurzer Unterbrechung – an einem sehr besonderen Berliner Standort weiterzuführen. Die architektonisch attraktiven Kant-Garagen mit ihrem inspirierenden Flair und das anliegende Hotel geben uns die Möglichkeit, Showrooms, offene Verkaufsflächen und Hospitality unter einem Dach zu vereinen und Premium Design auf diese Weise ganzheitlich erlebbar zu machen.“
Bewährtes Konzept
Das seit 2020 mit Eröffnung des ersten stilwerk Hotels Heimhude in Hamburg erweiterte Konzept wird am neuen Berliner Standort ganzheitlich umgesetzt. In der denkmalgeschützten Parkgarage entsteht auf 9.500 Quadratmetern und acht Etagen eine Destination für Premium Design. Renommierte Marken, Händler und Dienstleister bieten ab 2022 auf Ebene eins bis vier alles zum Thema hochwertige Inneneinrichtung an: Vom Klassiker bis zur Avantgarde, von der Küche bis zum Arbeitszimmer, von der Planung bis zur Einrichtung, vom Showroom bis zu digitalem Shopping. Auf einer offenen Ausstellungsfläche sowie in den historischen Heinrichsboxen werden die Marken ihr Angebot präsentieren. Gehobene Gastronomie im Erdgeschoss, und eine Eventfläche im fünften Stock ergänzen das Konzept. Eine Tiefgarage mit 27 Stellplätzen und ein exklusives Penthouse mit Dachterrasse im sechsten Stockwerk runden die Pläne ab. Darüber hinaus soll, etwa durch eine temporäre Ausstellung, auch auf die bewegte Geschichte und ursprüngliche Nutzung der Hochgarage hingewiesen werden. Auf der Fläche der ehemaligen Werkstatthalle entsteht ein Hotel mit 61 Zimmern, individuell kuratiert mit exklusiven Wandfarben, Möbeln, Leuchten und Accessoires. „Das Hotel wird mehr als eine weitere Urlaubsdestination. Es wird eine Inspirationsquelle für Designliebhaber, um Möbel in entspannter Atmosphäre persönlich zu erleben und zeitweise darin Probe zu wohnen“, so stilwerk Geschäftsführerin Tatjana Groß.
Verkehrsdenkmal von internationaler Bedeutung
Die geschichtsträchtigen Kant-Garagen bieten dabei das perfekte Ambiente für zeitloses Design. Als älteste in Europa erhaltene Hochgarage im Stil der Neuen Sachlichkeit hat das Architekturdenkmal bereits eine wechselvolle Historie aufzuweisen. Von Architekt Hermann Zweigenthal alias Herman Herrey für und mit dem Unternehmer und Ingenieur Louis Serlin geplant und in den Zwischenkriegsjahren 1929 bis 1930 erbaut, wurde das auch unter den Namen „Kant-Garagenpalast“ oder „Serlin-Rampenhaus“ bekannte Gebäude 1930 eröffnet. Es gab Platz für 300 Autos, eine Tankstelle, Waschplätze, eine Werkstatt und eine Zentralheizung, die die empfindlichen Holzkarosserien vor Feuchtigkeit schützte. Eine besondere Sensation stellte damals eine Doppelhelix dar, eine Wendelrampe, auf der sich die Autofahrer beim Rauf- und Runterfahren nicht mehr begegneten. Weltweit einmalig und architektonisch interessant ist außerdem eine gläserne Vorhangfassade an der Rückseite des Parkhauses, deren filigrane Struktur trotz moderner Dämmung bei der aktuellen Umgestaltung erhalten werden konnte. „Ich kenne die Garagen seit 40 Jahren und fand sie einfach rettenswert“, so Dirk Gädeke, der seit 2016 Eigentümer der Kant-Garagen ist. „Ich liebe dieses Parkhaus – es war immer erkennbar Bauhaus, es war immer eine ganz besondere Immobilie“. Auch Architektin Johanne Nalbach, die mit ihrem Büro Nalbach + Nalbach für die Umgestaltung des Architekturdenkmals verantwortlich zeichnet, ist begeistert: „Das Wunderbare an den Garagen ist, dass seit 1930 fast nichts verändert wurde“, so die Architektin. „Die Original Heinrichs Boxen, in denen die Autos früher parkten, mit den einzigartigen Schiebetoren der Berliner Firma Paul Heinrichs, der Waschplatz, die gläserne Vorhangfassade auf der Rückseite des Gebäudes und die in Europa nur noch einmal vorhandene Doppelhelix-Wendelrampe – eine `Guggenheim-Rampe´, die sich perfekt für Ausstellungen eignet – alles ist noch da“, erläutert Johanne Nalbach.