Der neue Flughafen BER soll am 31. Oktober 2020 eröffnen und wenige Tage später der gesamte Flugverkehr in Schönefeld abgewickelt werden. Die Vermarktungs- und Jobmaschine läuft bereits. Und es gibt Unternehmen, die an diesem Standort einen sehr langen Atem bewiesen.
In der Flughafenregion werden in den kommenden Jahren Tausende neue Arbeitsplätze entstehen. In 15 Jahren könnten rund 40.000 Menschen ihren Lebensunterhalt direkt mit einem Job am Flughafen Berlin Brandenburg verdienen. Dies ergab eine Studie des Marktforschungsinstituts Conoscope und des Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge an der Universität Leipzig im Auftrag der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB). Die Studie „Wachstumsmotor BER“ wurde bei den ersten Wirtschaftsgesprächen im Januar am BER vorgestellt, an denen mehr als 100 Gäste aus Politik und Wirtschaft teilnahmen. Die Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB) und Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie (BPWT) verstärken im Vorfeld der Eröffnung die Werbung für das Flughafenumfeld. Den Auftakt bildeten zwei Investorenkonferenzen in Singapur und Kuala Lumpur sowie eine Messepräsenz auf der Singapore Airshow im Februar. Berlin und Brandenburg betreiben in Schönefeld das gemeinsame Ansiedlungsbüro Airport Region Team (ART) direkt am Flughafen. „Das Flughafenumfeld um den BER entwickelt sich zu einem der herausragenden Wirtschaftsstandorte der deutschen Hauptstadtregion. Deshalb erweitern wir nun zielgerichtet die internationalen Aktivitäten zur Vermarktung der Region rund um den künftigen BER“, urteilt WFBB-Geschäftsführer Dr. Steffen Kammradt.
Der Campus wächst
Michael Saddei, Geschäftsführer der Alpine Finanz Bau GmbH, kann sich deutlich an Zeiten erinnern, als er müde oder gar hämisch belächelt wurde, wenn er die Potenziale des Standortes Schönefeld aufzeigte. Das Unternehmen gehörte zu den ersten, die sich hier ansiedelten. Die Mutter der Alpine Finanz Bau ist das inhabergeführte Familienunternehmen Alpine Finanz Immobilien AG aus der Schweiz, das am Flughafen Zürich beste Erfahrungen mit der Planung, dem Bau, der Vermietung und der Verwaltung von modernen Geschäfts- und Bürogebäuden aufweist. Zugegeben, Schönefeld brauchte einen längeren Atem als Zürich, aber „ich habe immer an den Standort geglaubt“, versichert Michael Saddai. Der einstige erfolgreiche Leistungssportler (Schwimmen) brauchte dabei viel Kondition und zitierte nicht selten den Satz von Fußball-Trainer Jürgen Klopp: „Ich mache aus Zweiflern Gläubige“. Heute spielt ein weiterer Fakt in die Karten der Standort-Mit-Gründer, denn nicht nur die anstehende Flughafeneröffnung sorgt für Wachstumsimpulse in der südöstlichen Metropolregion, sondern auch der immer knapper werdende Gewerbemarkt Berlins. Größere zusammenhängende Flächen werden auf dem Markt kaum noch angeboten oder sind bereits auf mehrere Jahre vorvermietet. Für die kleinen und mittleren Unternehmen ist es daher schwer, bezahlbare Flächen zu finden. Innerhalb des S-Bahn- Ringes ist Berlin zu teuer und zu voll. Hinzu kommen Firmen, die auf Internationalität setzen oder direkt bzw. indirekt mit der Luftfahrtbranche zu tun haben.
Wichtiger Standortvorteil Schönefelds ist die Verkehrsinfrastruktur. So ermöglicht die direkte Anbindung an die Autobahn A 113 kurze Fahrtzeiten in die Berliner Innenstadt, ins südliche Brandenburg sowie nach Leipzig, Dresden und Frankfurt (Oder). In der Planung ist eine Transversale zwischen den Autobahnen A 113 und A 117, die zu einer Entlastung des Verkehrs beitragen soll. Über die vierspurig ausgebaute Bundesstraße B 96a wird in Richtung Westen die Landeshauptstadt Potsdam und in Richtung Osten über das Adlergestell der Stadtkern Berlin-Mitte erreicht.
Eine weitere Optimierung der Verkehrsflüsse wird zudem die ab 2025 geplante Verbindung der Jürgen-Schumann-Allee vorbei am jetzigen Flughafen Schönefeld (künftig BERTerminal T5) bringen. Eine sehr zügige Erreichbarkeit der Berliner Innenstadt verspricht der neue Airport Express, der die Strecke von der Flughafen-Region bis zum Berliner Hauptbahnhof in 20 Minuten bewältigen will. Dank der existierenden SBahn- Linien sind kurze Fahrtzeiten zum Technologiestandort Adlershof, zum Bahnhof Südkreuz oder zum Ostbahnhof gewährleistet. Drei Linien der Regionalbahn vernetzen die Region mit der Landeshauptstadt Potsdam, Dessau, Nauen und dem Spreewald. Darüber hinaus plant die Deutsche Bahn mit der Eröffnung des BER die Erschließung des Standorts Schönefeld für den Fernverkehr mit direkten Verbindungen nach Hamburg, Hannover, Breslau, Krakau, Frankfurt am Main und München. Und auch für die Verlängerung der längsten Berliner U-Bahnlinie U7 von Rudow bis nach Schönefeld gibt es vorsichtige positive Signale sowohl von der Berliner als auch von der Schönefelder Seite. „Von Schönefeld ist man in alle Richtungen hervorragend angebunden: Sei es lokal innerhalb Berlins, regional innerhalb Brandenburgs oder national und international per Flugzeug oder Bahn. Die wichtigsten Business- Metropolen Europas liegen hier direkt vor der Haustür“, erläutert Geschäftsführer Michael Saddei.
Im Jahr 2014 zogen die ersten Mieter auf dem von der Alpine Finanz Bau errichteten Campus an der Schönefelder Mittelstraße ein. Von hier aus sind es zu S- und Regionalbahn nur ein paar Schritte. Und der Unternehmenscampus wächst! Bereits in knapp zwei Jahren bekommt der BB Business Hub Nachwuchs. Der wird 17.000 qm groß, hört auf den Namen „Hub 3“ und punktet durch äußere und innere Werte. „Wir gestalten das Gelände komplett um, damit sich die Mieter wohlfühlen“, weckt Michael Saddei Neugier. Es wird Grünflächen, Wasserspiele, Relaxund Begegnungszonen geben. An die notwendigen Einrichtungen wie einen großen Gastronomie-Bereich mit guten und frischen Gerichten, Ladestationen für Elektrofahrzeuge, Fahrradständer und Parkplätze ist genauso gedacht wie an ganz praktische Alltags-Helfer, zu denen Duschen, Paketstation und eine Reinigung gehören. „Alpine investiert in den langfristigen Werterhalt der Objekte.“ Und die Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort? „Da kann ich viel Positives berichten“, bekennt der Manager. „Das Amt Schönefeld arbeitet investorenfreundlich, auch wenn die Rasanz der Entwicklung des Standortes die personellen Möglichkeiten an vielen Stellen überfordert.“
Touristik-Fachleute sagen dem Standort enorme Wachstumsraten voraus. Die mittelständische IGP-Gruppe, die sich vor 20 Jahren auf immobilienbezogene Dienstleistungen von der Projektentwicklung über die Planung und Überwachung bis hin zum Facility Management spezialisiert hat, plant den Bau eines Hotels mitsamt Kongresszentrum in Waltersdorf. Diese soll als weithin sichtbarer Hochpunkt das Bild des Standortes prägen. Weiterhin will das Hotelmanagement-Unternehmen Achat Hotels noch in diesem Jahr mit dem Neubau eines 180-Zimmer- Hauses mit Tagungsräumen in Berlin- Schönefeld beginnen. Die Eröffnung steht im Jahr 2022 auf dem Plan.
Es bleibt spannend in Schönefeld. „Auch nach der Inbetriebnahme steht der BER vor großen Herausforderungen. Unsere Infrastruktur muss mit den steigenden Passagierzahlen wachsen, die Prozesse am Flughafen müssen immer effizienter werden und wir müssen attraktive Produkte anbieten, um das Umsteigen am BER einfacher zu machen“, so Prof. Dr.- Ing. Engelbert Lütke Daldrup, Vorsitzender der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB), nach der Klausurtagung des Aufsichtsrates der FBB. „Auf der Klausurtagung haben wir deutlich machen können, dass der BER das Potenzial zu einem erfolgreichen Airport hat und wir eine klare Vorstellung davon haben, was dafür zu tun ist“.
www.berlin-airport.de
www.alpinefinanz.de