Gern wird den Berlinern (von Nicht-Berlinern) nachgesagt, dass sie sich mit Superlativen aus ihrer Stadt überbieten. Doch es ist unbestritten, dass der im Jahr 1895 gegründete Golfclub in Berlin Wannsee zu den renommiertesten und größten Golfclubs in Deutschland zählt.
In den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts verlegte der Club, der von englischen und amerikanischen Diplomaten gegründet wurde, seinen Platz an den Wannsee und avancierte zum gesellschaftlichen Mittelpunkt der Hauptstadt. Nach dem 2. Weltkrieg gab es im geschrumpften Stadtgebiet von West-Berlin nur diesen einen Golfplatz, ehe die Briten 1969 einen 9-Loch-Platz in Gatow bauten. In den Jahren nach der Wende 1989 entstand schrittweise die heutige Golflandschaft im brandenburgischen Umland mit knapp zwei Dutzend Golfanlagen. Trotz dieser neuen Möglichkeiten des Golf Spielens erfreut sich der traditionsreiche Golfclub Wannsee mit seiner idyllisch gelegenen Waldlandschaft weiterhin sehr großer Beliebtheit.
„Wir sind in diesem Jahr 125 Jahre alt geworden und werden doch eher zurückhaltend feiern“, sagt Geschäftsführer Yasin Turhal. Der traditionelle Neujahrsempfang im Februar mit 700 Gästen und dem Gastredner Golfer Gerhard Schröder stand unter dem Motto dieses Jubiläums. Es wurde ein 1895-Logo und dazu Golfkleidung kreiert. Das ebenfalls traditionelle Sommerfest im Juni widmet sich diesem Jahrestag unter anderem mit einer Fotoausstellung zur Historie.
Viel wichtiger sind dem Golfclub Wannsee die Turniere, die in der diesjährigen Saison organisiert werden. Dazu gehört das Jubiläums-Turnier am 5. Juli, zu dem der Club auch Golfer der Berliner Prominenz aus Politik und Wirtschaft einlädt. An erster Stelle steht zweifellos wieder die Berlin Open, die der Traditions- Golfclub zum 76. Mal ausrichtet. Es ist eines der bekanntesten deutschen Amateur-Turniere, an dem vier Tage lang die besten Golfer aus ganz Deutschland aufeinandertreffen.
Die durchaus gute vorzeigbare Bilanz des Golfclubs in Wannsee mit stabiler Mitgliederzahl von 1.100 Mitgliedern wird von der Wettersituation überschattet, unter der alle Golfplätze leiden. Es fällt wenig Regen, der Rasen und auch die Bäume leiden unter der extremen Trockenheit. Im vergangenen Jahr wurden auf der Anlage in Wannsee das Grün und die Bunker teilweise neu gebaut. Außerdem wurde viel in Beregnungsanlagen investiert. Sie werden nun so gesteuert, dass die Grünflächen punktuell zu bewässern sind. In südlichen Ländern, aber auch in Großbritannien, sieht man oft, dass der Golfer auf braunen Flächen spielt. Irgendwann kann das auch in Mitteleuropa der Fall sein. Künftig wird sich der Golfer auch in Berlin und seinem Umland mit braunen Fairways auseinandersetzen. Allerdings hat die Klimaerwärmung auch eine positive Seite für den Sport in freier Natur. Noch vor wenigen Jahren hat man Ende Oktober aufgehört, Golf zu spielen. Es war auf den Plätzen zu kalt und es lag der erste Schnee. Nun wird die Saison länger.
Spezielles Förderprogramm für die Jugend
Zu den Merkmalen des Golfclubs in Wannsee zählt die vielfach anerkannte Arbeit mit dem Nachwuchs. Dazu wurde vor einigen Jahren ein spezielles Jugendförderprogramm ins Leben gerufen. Und die Familien der eingeschriebenen Golf-Mitglieder nutzen die Möglichkeit, mit ihren Kindern in Wannsee gemeinsam Golf zu spielen. Damit ist der Verein ein Familienclub, sicherlich insgesamt auch förderlich für das generelle Image des Golfsports in Deutschland. Natürlich unterstützt das Förderprogramm auch Jugendliche, deren Eltern nicht Golf spielen. Bei viel Trainings-Fleiß, Talent und Spaß am Golfspiel stellen sich dann die sportlichen Erfolge ein, wie z. B. bei Alexandra Försterling. Sie wurde im Alter von sieben Jahren bei einer Sichtung von Talenten entdeckt. Die junge Golferin schaffte es dann bis in die Damen- Nationalmannschaft, studiert und spielt derzeit Golf in den USA und ist in den Sommermonaten im Golfclub Wannsee unterwegs. Auch heute ist es noch so, dass bei den Jugendmannschaften alle Altersklassen in der höchsten Liga spielen. Die Teams der Damen und Herren sind auch dieses Jahr erneut in der 1. Bundesliga der Deutschen Golf Liga vertreten und wurden mehrfache Deutsche Meister. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil in der Nachwuchsarbeit ist die Lage der Golfanlage im Stadtgebiet. Während andere Clubs im Umland für junge Leute nur über längere Wege erreichbar sind, befindet sich hier die Bushaltestelle sozusagen direkt vor der Tür.
Ein Biotop für Flora und Fauna
Generell sind Golfclubs ein wahres Biotop für Flora und Fauna, ein komplexes Ökosystem und markanter Anziehungspunkt für die Golfer. Dies gilt im Besonderen auch für diesen Club. Insgesamt konnten 56 verschiedene Baumarten in einem Biodiversitäts-Monitoring erfasst werden. Und es wird genau Buch geführt. Mehr als 7.000 Einzelbäume stehen auf dem 60 Hektar großen Gelände und knapp drei Viertel der Bäume sind zwischen 20 und 100 Jahre alt. Zum Aushängeschild der Biodiversität gehören übrigens auch insgesamt 49 Vogelarten und nicht zuletzt auch Amphibien und Fledermäuse, die hier dauerhaft oder vorübergehend ein Zuhause haben. Wie auf einigen anderen Brandenburger Golfplätzen gibt es auf der Wannsee-Anlage für die Golfer ein Lieblingstier. Seit einigen Jahren hält sich hier eine kleine Fuchs-Familie auf, die sich von den Golfern nicht stören lässt. Da die Füchse keine Bälle wegschnappen, kommen auch die Golfer gut mit ihnen aus. Angesichts dieser Natur-Idylle für den Sport wird es in der Hochsaison auf den Bahnen regelmäßig etwas eng, denn die 27-Loch-Anlage hat eine begrenzte Kapazität. „Wir in Wannsee haben immer ein offenes Ohr für Nichtmitglieder, die bei uns golfen wollen. Aber am Wochenende haben wir für die Gäste auf Platzgründen die Regelung, dass sie nur auf Einladung eines unserer Mitglieder spielen können“, erläutert Geschäftsführer Turhal.