Wohnlagen wie im Grunewald oder am Wannsee sind gesetzte Größen, begehrt und umworben wie schöne Frauen. Aber wie sieht das in Berlins Osten und im östlichen Speckgürtel aus? Das wollten wir wissen und fragten einen, der sich damit auskennt: Mathias Wahsenak, Geschäftsführer LBS IMMOBILIEN GMBH. Das Unternehmen veröffentlichte gerade den „Markt für Wohnimmobilien“ mit Daten, Fakten und Trends.
Berlins östlicher Speckgürtel und Kommunen zwischen Erkner und Strausberg verzeichnen in den letzten Jahren ein starkes Bevölkerungswachstum. Das offenbaren naturgemäß die Immobilen- Preise. Wie stellt sich die Entwicklung dar?
Es ist immer schwierig in einer absoluten Zahl zu fixieren, denn der Wert jedes einzelnen Objektes wird ja von ganz konkreten Faktoren wie Lage und Ausstattung bestimmt. Aber wir können generell sagen, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilien im Speckgürtel massiv gestiegen ist. Die Gründe dafür sind bekannt: Berlin ist hip, Berlin ist angesagt und Menschen aus aller Herren Ländern kaufen Immobilien in der Metropole. Der Neubau bewältigt diese Kauflust nicht. Die Preise steigen, sodass viele Menschen sich die Metropole nicht mehr leisten können. Und so wird das Wohnen am Rand der Stadt attraktiv.
Noch vor zehn Jahren dominierte der Trend, vom Land in die Stadt zu ziehen.
Dieser Trend hat sich komplett gedreht, und das in allen vier Bundesländern im Osten, in denen wir aktiv sind.
Welche Regionen profitieren von diesem Trend?
All jene Orte, die über eine ausgebaute Infrastruktur – S- und/ oder Regionalbahn –, Bildungseinrichtungen, attraktive Einkaufsmöglichkeiten und eine halbwegs gute medizinische Versorgung verfügen. So weiß ich aus dem Netzwerk unserer 200 Makler in unserem Unternehmensgebiet, dass beispielsweise ein Wohnstandort entlang der S 5 nach Strausberg sehr nachgefragt ist. Die Gemeinden haben auch selbst viel dafür getan, die Lebensqualität vor Ort zu erhöhen: Es wurden Schulen und Kitas gebaut, neue Angebote für den öffentlichen Nahverkehr eingerichtet und Park-and-Ride-Plätze an der S-Bahn gebaut. Hinzu kommt, dass viele Menschen den hohen Freizeitwert schätzen. Raus aus dem Stadtmief, rein in eine wald- und wasserreiche Region, und die Großstadt ist schnell erreichbar.
Wer sind die „Neubürger“ dieser Region? Sind es bevorzugt junge Familien oder lebenserfahrene Menschen, die Ruhe und Natur suchen?
Es sind junge Familien mit Kindern oder Kinderwunsch und ältere Menschen, die dem Großstadttrubel entkommen wollen. Während ältere Paare sich meist für ein Haus im Bungalowstil entscheiden, bauen junge Familien Einfamilienhäuser mit Platz für die Kinder und prüfen davor das Angebot an Kitas und Schulen vor Ort.
Unterscheidet sich dabei der Osten Berlins und der östliche Speckgürtel von anderen, vergleichbaren Regionen?
Die Region ist besonders interessant für Menschen aus Marzahn/ Hellersdorf und Lichtenberg, also Wohnstandorten, in denen der Anteil an Plattenbauten hoch ist. Nachgefragt werden Häuser und Grundstücke, auf denen man seine eigenen Wohnvorstellungen verwirklichen kann. Grundstücke sind aber längst zum raren Gut geworden, was auch daran liegt, dass viele Gemeinden kaum noch Bauland ausweisen. Große Flächen sind zur Ausnahme geworden.
Was heißt das konkret in Zahlen?
In Gemeinden wie Hoppegarten, Neuenhagen, Hönow, Birkensteig, Fredersdorf und Petershagen hat sich der Bodenrichtwert für Baugrundstücke in den letzten drei bis vier Jahren verdoppelt. Hier liegt dieser Wert in Hönow, Hoppegarten und Neuenhagen aktuell zwischen 200 und 300 Euro/qm. In Fredersdorf, Petershagen und Eggersdorf beträgt er zwischen 160 und 190 Euro/qm. In Strausberg und den Randlagen der Stadt bekommt man ausgewiesenes Bauland für 120–200 Euro/qm.
Wie sieht das in Erkner und Umgebung aus?
Jeder, der die S 3 benutzt, weiß, dass die Anzahl der Pendler enorm gestiegen ist. Der Parkplatz am S-Bahnhof Erkner wurde gerade erweitert und ist an den Wochentagen schon wieder zu klein. Nachgefragt sind bei uns vor allem Erkner, Schöneiche, Woltersdorf und Grünheide, aber auch Hangelsberg, Gosen und Neu Zittau. Alle diese Orte wuchsen seit der Wende, so hat sich in Woltersdorf seit 1989 die Einwohnerzahl verdoppelt.
Beim Erwerb von Wohneigentum profitieren die Käufer von den niedrigen Zinsen. Wie haben sich die Finanzierungskonditionen entwickelt?
Die Lust am Bauen wird natürlich vom Niedrigzinsniveau genährt. Die EZB sendet keine Anzeichen, dass sich diese Politik in den nächsten Jahren ändert, auch wenn das für die Sparer sehr ärgerlich ist. Durch die niedrigen Zinsen ist aber für viele Menschen der Schritt in die eigenen vier Wände erst möglich geworden. Leider wird dieser Vorteil vielerorts von gestiegen Kaufpreisen wieder kompensiert. Meine persönliche Auffassung ist: Wären die Zinsen höher, würden die Immobilienpreise nicht mehr so stark steigen können.
Und jetzt sind Ihre Fähigkeiten als Prophet gefragt: Bleibt der Wohnungsmarkt weiter angespannt oder beruhigen sich bald Mieten und Preise?
Da schaue ich nicht in die Glaskugel, sondern auf die Zahlen. Die sprechen dafür, dass sich in Berlin die Schere zwischen Angebot und Nachfrage so bald nicht schließen wird. Es ist derzeit sehr viel Liquidität im Markt und viele Anleger aus dem In- und Ausland investieren in Berliner Immobilien, aus einem Mangel an Anlagealternativen. Der Zuzug nach Berlin hat sich zwar mit rund 30.000 Menschen pro Jahr etwas verlangsamt, aber der Neubau von bezahlbaren Wohnungen kommt nicht hinterher. Wenn diese Trends anhalten, werden sowohl die Preise für Wohnimmobilien als auch die Mieten weiter steigen. Erst wenn sich die Wohnungspolitik ändert und die Neubauaktivitäten angekurbelt werden, kann mittelfristig eine Entspannung auf dem Berliner Immobilienmarkt eintreten.
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