//GESPONSERT – Weimar hat Goethe, Salzburg hat Mozart – und Reinickendorf hat die Humboldt-Brüder! Eine neue Broschüre und eine App führen zu Stationen der berühmten Brüder in Reinickendorf.
Kaum ein Name prägt Berlin, Reinickendorf und Tegel so sehr wie der von Wilhelm und Alexander von Humboldt. Noch heute erinnern Orte wie die Humboldt-Bibliothek, das Humboldt- Gymnasium und das Humboldt-Klinikum an diese Zeit. Die beiden Brüder zählen zu den größten und einflussreichsten Persönlichkeiten der deutschen Kulturgeschichte. Wilhelm von Humboldt gestaltete als Gelehrter, Schriftsteller und Staatsmann vor allem die Reform des Preußischen Bildungswesens und die Gründung der Humboldt- Universität mit. Sein jüngerer Bruder Alexander schuf als Naturwissenschaftler über sieben Jahrzehnte ein beachtliches Gesamtwerk und war Mitbegründer der Geografie als empirischer Wissenschaft.
Doch die beiden Humboldts haben auch viel mit dem Bezirk zu tun: Sie sind in Tegel aufgewachsen und haben hier gelebt. Um sich an ihre Nordberliner Spuren zu heften und einen Einblick in ihr Leben und Wirken im Fuchsbezirk zu erhalten, gibt es nun mit dem Humboldt- Parcours einen Spaziergang durch Reinickendorf mit diversen Zwischenstopps an Orten, die eng mit den beiden berühmten Brüdern verknüpft sind.
Der Beginn der Wanderung auf Humboldts Spuren ist am Tourismus-Pavillon in der Fußgängerzone Alt-Tegel. Dann geht es weiter durch die Fußgängerzone Gorkistraße und über den S-Bahnübergang zum Humboldt-Gymnasium: Das Gebäude an der Hatzfeldtallee 2–4 und natürlich auch seine Lehrer und Schüler erlebten im Laufe des vergangenen Jahrhunderts eine bewegte Zeit. Doch immer standen ihre Namensgeber im Fokus des Schulalltags. „Wir fühlen uns gleichermaßen dem Naturwissenschaftler und Weltreisenden Alexander von Humboldt wie auch seinem Bruder, dem Geisteswissenschaftler, Kultur- und Bildungspolitiker Wilhelm von Humboldt, verbunden“, sagt Schulleiter Dr. Jörg Kayser. „Im Sinne der Brüder Humboldt wollen wir die breite und ganzheitliche Bildung von jungen Menschen unterstützen.“
Die Humboldts vereint vor der Bibliothek – die Skulptur, die der Bildhauer Detlef Kraft im Jahr 1997 geschaffen hat, ist die Station Nummer 3. Das bronzene Denkmal an der Karolinenstraße 19 besteht aus drei Figuren: Wilhelm überträgt Schriftzeichen von einer Stele in sein Notizbuch, und Alexander stellt einen Sextanten ein. Ihnen zu Füßen: ein kleiner Affe. Es ist übrigens das erste Denkmal, das die Brüder gemeinsam bei der Arbeit zeigt. Dabei blickt Alexander, der Naturwissenschaftler und Forschungsreisende, in Richtung Wasser als Synonym für die „Ferne“, sein Bruder Wilhelm, der universelle Geisteswissenschaftler, schaut auf die Humboldt-Bibliothek. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Tafel mit japanischen Schriftzeichen, auf die er blickt, am Eingang der Bibliothek angebracht. Diese Schriftzeichen und die deutsche Übersetzung hat Kraft dem Sprachforscher Wilhelm ins Buch geschrieben, das er in der Hand hält. Die Übersetzung lautet: „Verweile in der Menschlichkeit, gründe dich auf Rechtlichkeit“.
Gleich dahinter die Humboldt-Bibliothek als Station 4. Sie entstand im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Berlin 1984 bis 1987 (IBA). In Würdigung Alexanders und Wilhelms von Humboldt erhielt die Bibliothek den Namen „Humboldt- Bibliothek“. Auf einer Fläche von 2.820 Quadratmetern haben passionierte Leseratten und solche, die es werden wollen, die Möglichkeit, in einem Bestand von rund 130.000 Medien zu schmökern. Im Rahmen des 250. Geburtstages von Alexander von Humboldt im Herbst 2019 bietet die Bücherei in diesem Jahr in einer separaten Abteilung eine spezielle Sammlung der Humboldt-Werke. Auch Vorträge und Lesungen über den berühmten Naturwissenschaftler finden in den Räumen der Bibliothek statt.
Lehrstätte und Wohnort der Brüder
Man könnte meinen, er wäre gerade aus seinem Zimmer gegangen. Der Schreibtisch schaut so aus, als hätte er eben noch dort gesessen. Die Bücher im Regal, als hätte er sie vor Minuten noch durchblättert. Und doch hat Wilhelm von Humboldt auf dem Lederstuhl an seinem Schreibtisch seit fast 200 Jahren nicht mehr gesessen.
Ein Besuch im Schloss Tegel an der Adelheidallee 19, übrigens die Station 5 des Humboldt-Parcours, gleicht einer Zeitreise. Es riecht nach Papier und Holz. Die Bücher – darunter auch die in Leder gebundenen Werke der beiden Brüder – reichen bis zur Decke des Raumes. In diesen Büchern hat Wilhelm geblättert, deren Worte gelesen. Hier war er kreativ. Auch Wilhelm ist im bemalten Treppenhaus die Stufen emporgestiegen, hinauf in den Blauen Salon. Auf dem Sofa hat er mit seiner Frau Caroline gesessen und über Alltägliches geplaudert.
Das Gebäude ist übrigens das älteste Bauwerk Tegels, wenn man seine Grundmauern betrachtet. Ursprünglich 1558 als Renaissance-Herrenhaus erbaut, erfolgte auf Veranlassung von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg der Umbau zu einem Jagdschloss. Es ging 1766 durch Heirat an die Familie von Humboldt über. Heute ist es das bedeutendste Baudenkmal des Bezirks und steht unter Denkmalschutz.
Für Wilhelm und Alexander war das Schloss ein Ort der Kindheit. Hier verlebten sie sehr naturverbundene Jugendjahre, die ihr ganzes Leben prägten. Auch Goethe lernten sie kennen, als er 1778 zu Besuch kam. Damals war Wilhelm elf und Alexander neun Jahre alt. Die Humboldtbrüder erbten das Schloss 1797, und während Alexander gegen eine angemessene Entschädigung von 20.000 Talern darauf verzichtete und mit diesem Geld einen Teil seiner Forschungsreisen nach Südamerika finanzierte, ließ Bruder Wilhelm das Gebäude zwischen 1821 und 1824 von Schinkel in klassizistischem Stil umbauen.
Wer eine kleine Pause benötigt, kann auf einen Kaffee oder selbst gebrautes Bier im „neuen“ Alten Fritz an der Karolinenstraße 12 einkehren, der vor ein paar Tagen wiedereröffnet wurde. Erbaut im Jahr 1410, gehörte der „Neue Krug“, wie die Gaststätte früher genannt wurde, seit 1752 zum Gut und Schloss Tegel. Auch Goethe kehrte im Jahr 1778 hier ein.
An der Großen Malche steht Berlins ältester Baum, außerhalb des Schlossparks, in dem Alexander und Wilhelm von Humboldt viele Jahre ihrer Kindheit verbrachten und auch ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Von ihnen erhielt der alte Baum auch seinen speziellen Namen: Sie haben die alte Eiche nach der beleibten Köchin des Hauses „Dicke Marie” genannt. Dieser Baum bildet Station 6 des Spaziergangs.
Die rund 900 Jahre alte Stiel-Eiche war früher 26 Meter hoch, doch heute misst sie nur noch 18 Meter. Ihr knorriger Stamm hat einen Umfang von 6,65 Metern und einen Durchmesser von mehr als zwei Metern. Fünf große Männer sind nötig, um den Stamm der „alten Dame“ zu umfassen. Und die Eiche wächst weiter, um rund 0,7 Zentimeter im Umfang pro Jahr.
Die Station 7 ist knallrot: Die Tegeler Hafenbrücke, die im Volksmund „Sechserbrücke“ genannt wird, überspannt als Fußgängerbrücke die Einfahrt des Tegeler Hafens und die Mündung des Tegeler Fließes. Stadtbaumeister Ernst Hornig war mit den Planungen beauftragt, und 1908 wurde sie als stählerne Fachwerkbogenbrücke gebaut.
Zwar gab es die Sechserbrücke noch gar nicht, als die Brüder Alexander und Wilhelm in Tegel lebten, aber dennoch ist sie eng mit deren Nachfahren verbunden: Die Schlossbesitzerin Constanze von Heinz hatte ab 1870 begonnen, das Gelände im Schlossbezirk zu parzellieren und für den Bau von Villen zu verkaufen. Nach der Jahrhundertwende ließ sie zudem den Kaiserpavillon und das mondäne „Kurhaus“ bauen. Damit der Zugang auch über das Fließ möglich war, beteiligten sich die Gemeinde Tegel und Frau von Heinz zu gleichen Teilen an der Finanzierung und Unterhaltung der Brücke.
Letzte Station ist die Kirche Alt-Tegel beziehungsweise ein Grabmal auf dem Kirchhof: Hier wurde die 1784 verstorbene Wilhelmine Anne Susanne von Holwede (geborene Colomb), die Tante der bekannten Brüder Wilhelm von Humboldt und Alexander von Humboldt, begraben.
Der Spaziergang dauert – je nach Lauftempo – etwa zweieinhalb Stunden. Wer mag, kann sich im Anschluss daran im Hax’nHaus gegenüber erst einmal richtig stärken. Seit 1998 hat das Restaurant einen festen Stand in der Berliner Gastronomielandschaft und bietet mit mehr als 100 Innen- und 30 Terrassenplätzen den richtigen Rahmen für einen gemütlichen Restaurantbesuch mit typisch deutschen Gerichten in uriger Atmosphäre.
Die Broschüre ist unter anderem, in der Tourist-Info in Alt-Tegel und in der Humboldt-Bibliothek erhältlich. Die App befindet sich kostenlos im App-Store unter „Humboldt Parcours“.