Medienkompetenztraining in der Sporthalle von ALBA BERLIN in Mitte. Hier werden Reporter auf die jungen Basketballspieler losgelassen, damit die Sportler neben ihrem eigentlichen Training auch mal üben, wie man Journalisten in die Mikrofone spricht.
Ihren Cheftrainer Alejandro Garcia Reneses für ein Interview zu bekommen, ist alles andere als einfach. Immerhin stellt sich der Siebzigjährige kurz der Pressemeute, um ein paar Fragen zu beantworten. Im Herbst startete ALBA in die neue Saison, es ist kurz vor dem Auswärts-Spiel in Bamberg am letzten Oktoberwochenende, was für ALBA zu einer Zäsur wird. Die Berliner gewinnen mit 77:75. Trotz 19 Ballverlusten und drei Vierteln mit vielen Rückschlägen gab das Team nicht auf und sicherte sich mit einem 23:13 gewonnenen Schlussabschnitt und einer dramatischen Schlussphase den knappen Erfolg – ALBAs erster Sieg in Bamberg seit Jahren. Damit verteidigten die Albatrosse ihre Tabellenführung. Beim deutschen Meister Bamberg gelang der Sieg in den vergangenen Jahren fast nie einem deutschen Team, ALBA schaffte das zuletzt 2013 im Euroleague-TOP16. Entscheidend sei der Wille zum Sieg, so der glückliche Cheftrainer: „In der ersten Halbzeit haben wir noch viele Fehler gemacht. Diese konnten wir gerade zum Ende hin abstellen. Es ist schwierig, in Bamberg zu spielen, und noch schwieriger, hier zu gewinnen. Bamberg hatte diese Woche zwei Euroleague- Spiele auf dem Buckel und war daher vielleicht etwas müde. Wir versuchen, uns nun von Spiel zu Spiel zu steigern.“ Ein sehr harter Kampf und ein knappes Spiel war es dann Anfang November, als die Albatrosse im Euro- Cup-Heimspiel gegen Vilnius mit 93:86 siegten – der nächste Schritt für das ALBA-Team in Richtung TOP16. Die Mannschaft liegt im November in der Tabelle der EuroCup-Gruppe C nach Lokomotiv Kuban Krasnodar auf Platz zwei vor Limoges CSP, Lietuvos Rytas Vilnius, Retabet Bilbao und Partizan Belgrad. Die ersten vier erreichen das TOP16.
Das normale Leben eines Coachs
Cheftrainer Aito, wie er von allen genannt wird, lenkt seit dieser Spielsaison die Geschicke von Berlins berühmtem Basketballverein. Ein spezielles Erfolgsrezept lässt er sich nicht entlocken. Soll vielleicht geheim bleiben. Jedenfalls ist er kein Freund von Prognosen. Der neue Job in Deutschland fordert seinen Tribut, manches ist ganz anders als in Spanien. Der 1946 in Madrid geborene Coach muss in Berlin ganz früh aufstehen, weil hier früh trainiert wird. In Spanien hingegen geht es später los, dafür wird bis in die Nacht hinein trainiert. Nach Feierabend führt er in Berlin „das normale Leben eines Coachs“, wenn es so etwas überhaupt gibt. Für sein Privatleben bleibt Aito wenig Zeit, „weil neben den eigentlichen Trainingsterminen die Trainings auch vorbereitet werden müssen. Dann sind da natürlich die Spiele, zu denen wir anreisen. Man sieht sich auch andere Spiele an. Ich brauche einfach mehr Zeit, um Berlin kennenzulernen!“ Ihm gefällt die andere Mentalität, die hier herrscht, „mit den vielen Kindern, Fahrrädern und Menschen auf der Straße, die alle so sind, wie sie gern sein möchten.“ Aito bekam das Buch eines spanischen Fernsehjournalisten geschenkt, in dem er viel über Berlin und den Prozess der deutschen Wiedervereinigung las.
Vom Spieler zum Trainer
Nach seiner zehnjährigen Spielerkarriere bei Estudiantes Madrid und dem FC Barcelona wurde Aito 1973 Trainer in Badalona (Cotonificio und später Joventut). 1985 machte ihn der FC Barcelona zum Chef-Coach. Mit Unterbrechungen, in denen er auch der General Manager dieses Clubs war, führte er den Verein bis 2002. Unter seiner Führung stieg der Club von 1985 bis 2002 zum Erzrivalen von Real Madrid, dem bis dahin in Spanien dominierenden Verein, auf. Nach zahlreichen Erfolgen mit den Katalanen – 9x Meister, 4x Pokalsieger und 3x Europapokalsieger – trumpfte Aito 2008 auch mit dem Außenseiter Joventut Badalona auf, der unter seiner Führung den ULEB Cup gewann. 2003 war er zu Badalona zurückgekehrt und coachte von 2008 bis 2016 auch die Mannschaften von Unicaja Malaga, Cajasol Sevilla und Gran Canaria. 2008 brachte er das spanische Nationalteam in Peking zu olympischem Silber. Im spektakulären Finale gewannen die USA mit 118:107, und Aito erhielt daheim zum vierten Mal die Auszeichnung als Spaniens „Trainer des Jahres“. 2015 wurde er zum „Trainer des Jahres“ beim Eurocup gekürt. Nach einer einjährigen Auszeit trainiert er mit ALBA nun erstmals ein Team außerhalb Spaniens. In seinen frühen Jahren modernisierte er den spanischen Basketball, vor allem in defensiver Hinsicht. Später machte sich die Trainerlegende dafür stark, jungen Talenten früh Vertrauen zu schenken. In der Basketball-Szene ist bekannt, dass er viele Nationalspieler und heutige NBA-Stars als jugendliche Spieler ins kalte Wasser warf.
Austausch und Nachwuchsgewinnung
Anfang 2017 besuchte eine Pekinger Jugend- Stadtauswahl Berlin. Im November fand der Gegenbesuch statt, da erkundeten die U19-Talente von ALBA eine Woche lang Peking. Die gegenseitigen Besuche der Nachwuchsspieler beider Partnerstädte bringen die Teams nicht nur auf dem Feld zusammen, sondern bauen auch Vorurteile ab. Bei den gemeinsamen Exkursionen und Workshops ging es vor allem darum, einen Einblick in den Alltag der chinesischen Jugendlichen zu bekommen. Die Albtrosse besuchten vier Pekinger Oberschulen und gewannen alle Freundschaftsspiele. Ein Höhepunkt war das ALBA-Basketballturnier an der Deutschen Botschaftsschule, zu dem 120 deutsche und chinesische Schüler anreisten. Überraschungsgast war ALBA-Präsident Dr. Axel Schweitzer, der sich in Peking selbst bei einer gemeinsamen Trainingseinheit das Trikot überstreifte.
Die Nachwuchsgewinnung wird groß geschrieben, ALBA setzt früh bei 7- bis 10-Jährigen an. Schon seit 2005 wird der Basketballsport in die Schulen gebracht, die Albatrosse kooperieren mit Grundund Oberschulen. ALBA-Jugendtrainer bieten insgesamt 39 Basketball-AGs in Grundschulen und 17 in Oberschulen an. Weitere 20 Grundschul- und 4 Oberschul- AGs betreibt ALBA mit dem Partnerverein „ALBA macht Schule im Kiez“. Und in der ALBA-Grundschul- und Oberschulliga wird regelmäßig gegen andere Schulen gespielt. Vielleicht bekommt Cheftrainer Aito demnächst mit dem einen oder anderen dieser Talente zu tun?