In einer ruhigen Seitenstraße der Prenzlauer Allee klingeln, wo die grüne Laterne leuchtet. Die Tür wird geöffnet, man betritt eine andere Welt. Die Außenwelt mit Tageslicht und den Geräuschen des Alltags verschwindet in Ricardos Bar Immertreu.
Der Name stammt von einem Ringverein, der vor über hundert Jahren von Gaunern und Ganoven in Berlin gegründet wurde. Er diente der solidarischen Unterstützung der Familie, falls man in den Knast kam. Außerdem widmeten sich die Ringbrüder dem Alkoholschmuggel. Zum Interview – vor der Öffnung der Bar um 20 Uhr – gab es allerdings Ingwertee und frisch gepressten Orangensaft.
Die beliebtesten Cocktails? Natürlich DER Seelbach, der ist hier Pflicht. Der Drink ist Hausdrink eines Hotels in Louisville, Kentucky und besteht aus Bourbon, Cointreau, Angostura- und Peychaud‘s Bitter. Aufgefüllt mit Champagner wird er in einem Silberkelch serviert. Ansonsten geht es hier fast ausschließlich um klassische Cocktails.
Das günstigste und das teuerste Getränk? Los geht‘s mit Alkoholfreiem wie frisch gepresstem Orangensaft, Limonaden und Wasser für 3 Euro, den Seelbach gibt es für 18 Euro. 4 cl eines ganz seltenen Bourbons können auch mal 60 Euro kosten.
Besonderheiten bei den Cocktails? Keine Mojitos, kein Schnickschnack. Dafür insgesamt 1.200 sehr hochwertige und auch seltene Spirituosen, die auch gern vermixt werden. Die Auswahl an Bourbon und Rye ist eine der größten in Berlin. Es gibt keine Cocktails mit Sahne, und falls Früchte verwendet werden, dann nur frische.
Fass- oder Flaschenbier? Aus der Flasche gibt es Tegernseer Helles, Maxlrainer Pils und Wettelsheimer Märzen. Wenn jemand lieber frisch Gezapftes mag, empfiehlt Ricardo die italienischen Craft-Beer-Brauer um die Ecke.
Was gibt es zu essen? Nüsse und Gürkchen zu den Drinks. Keine Mahlzeiten und Snacks, weil die Bar ein Raucherlokal ist.
Die Einrichtung? Nachdem die Räumlichkeiten in den Vorjahren die Fluido Bar beherbergten, gestaltete Ricardo sie bei seiner Übernahme vor fünf Jahren behutsam um. An die Serie „Twin Peaks“ erinnerte die Einrichtung einen Kollegen, erzählt er. Alles wirkt reduziert, es ist dunkel, man sitzt in Ledersesseln bei Kerzenlicht, von der Außenwelt abgeschirmt durch schwere weinrote Theatervorhänge.
Veranstaltungen? Es gibt ab und zu geschlossene Veranstaltungen im Immertreu. Hier kann jeder privat sein und seine Ruhe haben. Für seine Champagner-Verkostungen – Ricardo importiert mit einem Kollegen Winzerchampagner – bucht er andere Locations. Seinen Champagner kredenzte er bereits bei Großveranstaltungen wie Fashion Week und Cebit.
Musik? Viel Blues. Wenn die Bar voll ist, variiert die Musik hin zu mehr Cross-over. Kein Electro. Meistgespielter Interpret ist sicher Johnny Cash.
Kundschaft? Keine Laufkundschaft, 80 Prozent sind Stammgäste. Darunter gibt es junge Leute ab ca. 25 Jahren, die man an klassische Cocktails wie Manhattan, Old- Fashioned und Sazerac heranführte und die sich mittlerweile auskennen Mehr Männer als Frauen. Beruflich ist alles dabei: vom U-Bahn-Fahrer über Musiker und Abgeordnete bis zum Schauspieler. Bekannte aus Ricardos Zeiten vor dem Immertreu schauen auch vorbei, wenn sie in Berlin sind.
Betreiber? Ricardo Albrecht ist Jahrgang 1976 und seit fast 20 Jahren im Bargeschäft. Der gebürtige Potsdamer entstammt einer Familie von Hoteliers und Gastronomen. Zu seinen Stationen als Barkeeper zählen u. a. das Parkhotel in Bremen und Harry‘s Bar im ehemaligen Intercontinental Hotel Köln. Er war Barchef in der Shepheard Bar Köln und leitete in Berlin die Bar Lebensstern über dem Café Einstein in der Kurfürstenstraße. Parallel arbeitete er als Berater für die Gastronomie, bevor er sich 2011 ganz der eigenen Bar Immertreu widmete.
Zukunft? Ganz der zeitlose Klassiker: Ricardo möchte alles so lassen, wie es ist. Neue Stammgäste sind natürlich herzlich willkommen. Die Bar Immertreu soll vor allem ein Ruhepol bleiben, eine Zuflucht für Genießer abseits der Hektik der Großstadt.
Geöffnet? Montag bis Samstag von 20 Uhr bis open end. Am Freitag und Samstag ist eine Reservierung besonders im Winterhalbjahr zu empfehlen, weil die 55 Plätze ab 23 Uhr oft alle besetzt sind.