Die Volkskrankheit Burn-out ist ein Thema, das immer mehr Menschen beschäftigt.
Jeder ist ab und zu erschöpft und müde, fühlt sich überfordert und frustriert. Nach harter Arbeit, egal ob körperlich oder geistig, erschöpft zu sein, ist völlig normal. Doch eine wachsende Zahl von Menschen wird von diesem Gefühl der Erschöpfung oft im gesamten Alltag erfasst. Besonders in heutigen Zeiten mit hoher Arbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Unsicherheit sowie einer Doppelbelastung in Beruf und Familie wächst der psychische Druck auf die Beschäftigten. Sie fühlen sich leer und ausgebrannt, nervlich wie auch körperlich am Ende. Ohne es oft zu wissen oder nur zu ahnen, werden sie vom Burn-out-Syndrom beherrscht.
Besonders Menschen in helfenden Berufen, wie Lehrer oder Sozialarbeiter, so die Erfahrungsberichte der Ärzte, die nicht ausreichend verstehen, ihr Arbeitsfeld zu begrenzen, laufen Gefahr, über einen längeren Zeitraum „auszubrennen“. Neben anhaltender Müdigkeit und Erschöpfung lässt bei den Betroffenen auch die Leistungsfähigkeit nach. Es kommt zu Konzentrationsstörungen, Nervosität und Entscheidungsunfähigkeit, Fehler passieren und die erhofften Erfolgserlebnisse bleiben aus. Sie reagieren häufiger gereizt oder aggressiv, sie weinen schneller. Ängste entstehen und die emotionale Belastbarkeit nimmt ab. Schließlich stellen sich neben den psychischen auch körperliche Symptome wie Schlafstörungen, Verdauungsprobleme sowie Kopf- und Rückenschmerzen ein. Die Mediziner sprechen von psychosomatischen Beschwerden.
Vorstadium zur Depression
Das Gefährliche besteht darin, dass Burn-out wie bei der Alkoholerkrankung sich schleichend in Phasen entwickelt. Erst nach Jahren erreichen die Betroffenen einen Punkt, wo nichts mehr geht und der Akku leer ist. Wenn sie die Batterien nicht wieder aufladen können durch Ausschlafen, durch Entspannen, ein langes Wochenende, einen Urlaub, Sport, wenn diese Methoden nicht mehr funktionieren, wenn keine Erholung mehr möglich ist, dann wird es richtig gefährlich. Der allgegenwärtige, enorme Stress verhindert, dass sie sich für das Unternehmen mit seinen Aufgaben motivieren und engagieren. Innerlich haben diese Mitarbeiter längst die Kündigung vollzogen. Gegenwärtig gebe es für Burn-out noch keine wissenschaftlich anerkannten, fest umrissenen Kriterien, stellten in unserem Top-Magazin- Gespräch (S. 62-63) Mediziner von der Inselklinik Heringsdorf fest. Chefarzt Dr. Alexander Romanowski: „Die Fachwelt tendiert generell dazu, Burn-out als eine Art Vorstadium zur Depression anzusehen. Unsere Erfahrungen besagen, dass viele Patienten dieses Vorstadium schon überschritten haben und tatsächlich mit klinisch relevanten Symptomen einer Depression zu uns kommen, die sogar über das Burn-out hinausgehen.“
Burn-out-Fälle steigen an
Angesichts dieser Situation, in der die Grenzen zwischen den psychischen Erkrankungen verschwimmen, fallen die Studien und Statistiken zu Depression und Burn-out-Syndrom recht unterschiedlich aus. Laut Statistikportalen leidet nahezu jeder vierte der 43 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland unter Burn-out. Manche Wissenschaftler sprechen davon, dass sogar bis zu 16 Millionen, bezogen auf die gesamte Bevölkerung in Deutschland, von Burnout betroffen sind, Tendenz steigend. Psychische Erkrankungen sind mittlerweile zur zweitwichtigsten Ursache für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland angestiegen. So ist es nicht verwunderlich, dass unter der Bevölkerung mehr als die Hälfte über depressive Stimmung, Schlafstörungen, Nervosität und Reizbarkeit leidet. Und ein Münchner Institut kommt zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2011 bundesweit 59,2 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen registriert wurden. Das ist ein Anstieg um mehr als 80 Prozent in den letzten 15 Jahren. (1)
Bore-out durch Langeweile
Das Burn-out-Syndrom, das Leiden ohne eindeutige Kriterien, ist eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung. Wenn nichts mehr geht, dann ist es zu spät und Burn-out muss von Ärzten behandelt werden: Darüber sind sich die Experten einig. Am Anfang steht für den Betroffenen eine genaue Diagnose. „Der unscharfe Begriff Burn-out muss genauer betrachtet und auf ein Krankenbild hingeführt werden“, empfiehlt Chefarzt Dr. Möller von der Inselklinik Heringsdorf. „Für manche Patienten ist es wohl einfacher zu akzeptieren, dass sie unter Burn-out und nicht unter einer Depression leiden.“ Begleitet wird dieses Syndrom nicht selten durch psychosomatische Beschwerden wie einem Hörsturz, Tinnitus, Magenschmerzen, Rückenprobleme. Dass die Leiden am Arbeitsplatz nicht nur durch Über-, sondern auch durch eine Unterforderung hervorgerufen werden, ist ein Phänomen, das zwei Schweizer Autoren 2007 unter dem Begriff Bore-out öffentlich machten. Diese seelisch-körperliche Belastung soll als Gegenstück zum Burnout durch Langeweile und Frustration am Arbeitsplatz bis hin zu krankhaften Depressionen führen. Viele Experten halten allerdings Bore-out nur für einen marketinggerechten Begriff eines altbekannten Phänomens. (2)
Reisen zum neuen Lebensstil
Es ist kein Zufall, dass gerade die oft gesundheitsbewussten Deutschen als weltweit auftretende Reiseweltmeister auch immer mehr den Gesundheitstourismus entdecken. Sie suchen nicht schlechthin Entspannung und Ruhe, sondern nach individuellem Lebensstil und Lebensbalance, nach dem besseren und bewussten Leben – gegen Burn-out. Eine wachsende Zahl von Hotels in Deutschland bietet Therapien in ihren Häusern an oder auch die Möglichkeit, den behandelnden Therapeuten in seinen Hotel nahen Praxisräumen zu besuchen. Hier geht es darum, Menschen ganz individuell zu behandeln, bei denen Erschöpfung, Konzentrations- und Schlafstörungen oder Immunschwäche auftreten. Der Therapeuten machen ähnliche Erfahrungen wie die Chefärzte der Inselklinik Heringsdorf. Viele Burn-out-Patienten kommen erst, wenn die Krankheit schon fortgeschritten ist und nur noch eine Überweisung zu einem Arzt helfen kann. Eins, zwei, drei und die Krankheit Burn-out gehe vorbei, das ist und bleibt ein Märchen. Medizinische Einrichtungen wie die Inselklinik Heringsdorf und auch viele Burn-out-Hotels mit Seminaren und einem Gesundheits-Coach wollen schon vorher eingreifen.
1) www.muenchner-institut.de 2) Rothline/Werder, Diagnose Boreout Verlag Redline Wirtschaft